Mannheimer Ökonom und Umweltexperte Andreas Löschel Foto: ZEW

Mehrfach haben sich Regierungsvertreter kritisch geäußert. Fachleute wollen jetzt Tempo machen.

Stuttgart - Wackelt die grüne Wende in Deutschland? Andreas Löschel, Umweltökonom in Mannheim und deutscher Chef-Gutachter für den Ausbau erneuerbarer Energien, stellt vor allem die Vorfahrt für Ökostrom in die Netze in Frage.

Herr Löschel, mit Rückendeckung der Kanzlerin haben in den vergangenen Tagen sowohl Umweltminister Peter Altmaier (CDU) als auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) den Zeitplan der Energiewende in Frage gestellt. Wird die Öko-Wende jetzt zurückgedreht?
Wir haben bei der Energiewende gerade etliche kritische Baustellen, und es ist wichtig auf diese Schwachpunkte hinzuweisen. So habe ich die jüngsten Aussagen der Regierungsvertreter verstanden. Dabei geht es vor allem um den Netzausbau, um die Anbindung der Windparks vor den Küsten an das Stromnetz und um die energetische Sanierung im Gebäudesektor. Hier müssen möglichst noch in diesem Jahr Fortschritte geschehen, um die Energiewende als Ganzes nicht zu gefährden.

Wo liegt denn der größte Knackpunkt?
Generell müssen der Netzausbau einerseits und der Ausbau der Erneuerbaren Energien andererseits besser aufeinander abgestimmt werden. Der andere große Problempunkt sind die Kosten. Die Umlage für Erneuerbare Energien wird im kommenden Jahr steigen. Nach derzeitigem Stand von 3,59 Cent auf etwa fünf Cent. Das wird die Strompreise weiter nach oben treiben.

Prognosen zur Entwicklung der Strompreise haben Hochkonjunktur. Was meinen Sie?
Es ist klar, dass die Strompreise steigen werden. Wir werden aber keine Horrorszenarien sehen, wie sie von manchen Interessengruppen gerade an die Wand gemalt werden. In unseren Schätzungen am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung gehen wir aktuell davon aus, dass die Strompreise durch die Energiewende bis 2020 in Summe um etwas mehr als zehn Prozent steigen werden.

An der Strombörse sinkt der Strompreis derzeit gewaltig. Wieso bekommt der Endverbraucher davon nichts mit?
Einerseits senken die Erneuerbaren Energien die Strompreise an der Strombörse, weil etwa während der Mittagszeit zeitweise ein großes Angebot von Erneuerbaren Energie vorhanden ist. Andererseits verursacht der Ausbau der noch relativ teuren Technologien Bioenergie-, Solar- und Windkraft zusätzliche Kosten, welche durch die EEG-Umlage die Endverbraucherpreise nach oben treibt. Schließlich wirkt der eine Effekt dem anderen entgegen. Die EEG-Umlage errechnet sich ja als Differenz zwischen Börsenpreis und der relativ hohe Subvention an die Anlagenbetreiber. Niedrige Strompreise an der Börse gehen daher einher mit hohen Umlagen für die Förderung der Erneuerbaren Energien für die Endverbraucher.