Eine Variante, um die Vorgaben zu erfüllen: Fassadendämmung Foto: dpa

Ungeachtet der Einwände von Wirtschaft und Hausbesitzern hält Grün-Rot an der Verschärfung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes fest und unterbreitet den Entwurf jetzt dem Landtag. Für Altbauten wird sich einiges ändern.

Stuttgart - Ungeachtet der Einwände von Wirtschaft und Hausbesitzern hält Grün-Rot an der Verschärfung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes fest und unterbreitet den Entwurf jetzt dem Landtag.

Er sieht im wesentlichen vor, dass zur Wärmegewinnung in Altbauten künftig nicht nur zehn, sondern 15 Prozent erneuerbare Energie herangezogen werden muss. Außerdem gilt dies auch für Büros und andere Gebäude, in denen nicht gewohnt wird.

In den vergangenen Wochen sei erhebliche Kritik gegen die Novellierung aufgekommen, räumte Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ein und sagte: „Bei einigen Lobby-Verbänden ist das Gesetz geradezu verhasst.“ Doch er habe den Eindruck, dass sich dieser Protest nicht gegen die aktuell geplante Verschärfung richtet, sondern generell gegen die Pflicht für Hausbesitzer, erneuerbare Energie zu nutzen. Das aber sei bereits 2010 von der damaligen CDU/FDP-Regierung angestoßen worden.

„Wenn wir beim Klimaschutz vorankommen wollen, müssen wir auch die Gebäude einbeziehen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Allerdings werde das alte Gesetz den neuen Möglichkeiten angepasst, erneuerbare Energie zu nutzen.

Anstatt die Solarthermie ins Zentrum zu stellen, biete der Gesetzgeber den Hausbesitzern nun zusätzliche Varianten, um die Vorgaben zu erfüllen: mit Fotovoltaik oder mit Dämmung der Fassaden, mit einem Anschluss ans Wärmenetz oder mit der Nutzung von Bioöl und Biogas.

Baden-Württembergs Handwerk begrüßte den Vorstoß

Den Vorwurf, das Gesetz sei sozial unausgewogen und führe zu untragbaren Mehrkosten, wies Untersteller zurück. Er verwies auf die Möglichkeit für Haushalte mit geringem Einkommen, die Vorgaben teilweise dadurch zu erfüllen, dass Fachleute einen Sanierungsfahrplan erstellen. Daraus können die Eigentümer dann ablesen, welche Möglichkeiten zur Gebäudesanierung sie haben. Untersteller: „Wir versprechen uns davon einen Aha-Effekt.“

Die Kosten für einen solchen Fahrplan lägen für ein Ein- oder Zweifamilienhaus bei 800 bis 1000 Euro, wobei das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) einen Teil der Ausgaben erstatten könne, sagte der Umweltminister. Die Landesregierung prüfe außerdem, ob ein Sanierungsfahrplan vom Land gefördert werden kann. Neu ist die Variante, dass die Vorgabe zum Teil auch durch die Dämmung der Kellerdecke erfüllt werden kann. Die Kosten dafür werden auf 3600 Euro geschätzt.

„Es ist kein bequemes Gesetz, sondern ein ordnungspolitisches Instrument“, sagte Untersteller. Und es koste Geld. Doch Baden-Württemberg stehe als wohlhabendes Land in besonderer Verantwortung für den Klimaschutz.

Baden-Württembergs Handwerk begrüßte den Vorstoß. Zwar steige der Pflichtanteil an erneuerbarer Energie nun doch auf einen Schlag von zehn auf 15 Prozent anstatt schrittweise – wie vom Handwerk gefordert, sagte Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle. Doch die Gesetzesnovelle sehe jetzt genügend Erfüllungsoptionen vor, um Gebäudeeigentümer nicht zu überfordern.

Auch der Landesnaturschutzverband zeigte sich weit gehend zufrieden.

Der CDU-Energieexperte Paul Nemeth nannte den Entwurf hingegen „ungerecht und bürokratisch“. Durch die Ausweitung der Pflicht zum Einsatz von erneuerbaren Energien beim Heizungstausch auf die Wirtschaft würden Unternehmen im Südwesten gegenüber denen in anderen Bundesländern und in Europa deutlich benachteiligt. Außerdem treibe Grün-Rot die Energiekosten nach oben. Ähnlich hatte auch der Landesverband der Industrie argumentiert und vor Standortnachteilen gewarnt.

So weit wie Baden-Württemberg geht in der Tat kein anderes Land. Zwar schreibt auch der Bund Hausbesitzern die Nutzung erneuerbarer Energien vor, allerdings nur für Neubauten. Das Landesgesetz soll jetzt im Landtag beraten werden.

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