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Deutscher Pass: Innenverteidiger Ermin Bicakcic eifert Tasci bei VfB und Nationalelf nach.

Belek - Die ersten Schritte in der neuen Umgebung sind ihm leichter gefallen, als Ermin Bicakcic es befürchtet hatte. Das lag zum einen an der Fürsorglichkeit der VfB-Profis, die den Emporkömmling aus der zweiten Mannschaft auf Anhieb akzeptierten. Und zum anderen an Bicakcics Überzeugung von den eigenen Stärken. "Ich versuche das abzurufen, was mich beim VfB II auszeichnet", sagt der Innenverteidiger.

Furchtlos hat er sich in sein Profidebüt in der Europa-Liga in Bern geworfen, hat später auch gegen Odense mit Zweikampfstärke und Übersicht überzeugt und sich ohne große Fehler eingepasst. "Ich habe eine positive Nervosität gespürt. Die hat mich nicht gehemmt, sondern hat mir Sicherheit und Selbstbewusstsein verliehen."

Gut, bei seinem Bundesliga-Einstand gegen den FC Bayern München hat er sich dann einen kapitalen Schnitzer erlaubt. Dennoch war es keine Frage, dass Trainer Bruno Labbadia ihn mit ins Trainingslager nach Belek nehmen würde. An zuverlässigen Innenverteidigern ist immer Bedarf, wie die Verletzungsanfälligkeit von Khalid Boulahrouz belegt. Nach dem erneuten Muskeleinriss des Niederländers ist Bicakcic (20) in der Hierarchie wieder auf Rang vier geklettert. Nach den Ausfällen von Matthieu Delpierre (Kniebeschwerden) und Serdar Tasci (Oberschenkelbeschwerden) war er im Test gegen Manisaspor (4:1) neben Georg Niedermeier sogar die einzige Alternative.

Nach seinem Karrieresprung trainiert Bicakcic jetzt er an der Seite derer, die ihm vor kurzem noch unerreichbar schienen. "Die Intensität ist vergleichbar mit der in der zweiten Mannschaft, aber die Qualität der Spieler und das Tempo sind natürlich höher", sagt der gebürtige Bosnier. Anfangs hatte er daran zu knabbern. "Aber nach zwei, drei Wochen gewöhnt man sich daran." Die Feinheiten schaut er sich von seinen gestandenen Profikollegen ab, am liebsten von Serdar Tasci. Er ist jetzt sein Rivale - aber seit Jahren auch schon sein Vorbild.

Tascis Werdegang von der eigenen Jugend bis in die Nationalmannschaft ist der Weg, den auch Bicakcic gehen will. Mit der B-Jugend des VfB war er Oberliga-Meister, mit den A-Junioren schaffte er es ins Halbfinale um die deutsche Meisterschaft, mit der deutschen U-18-Auswahl sammelte er erste internationale Erfahrung, die sich in der U-19-Auswahl von Bosnien in der EM-Qualifikation fortsetzte. Jetzt steht er an der nächsten wegweisenden Kreuzung seiner jungen Karriere, und formal hat er die Weichen gestellt, um Tasci bis in die deutsche Nationalmannschaft folgen zu können. "Ich habe meine bosnische Staatsangehörigkeit abgelegt", sagt Bicakcic, betont aber: "Das habe ich nicht gemacht, um bei Joachim Löw spielen zu können. Ich musste mich entscheiden, und zum deutschen Pass gab es für mich keine Alternative." Von der Cotta-Schule in Stuttgart-Ost ist er nach der zwölften Klasse mit dem Fachabitur abgegangen - die Doppelbelastung war zu groß geworden. "Ich wollte mich ganz auf den Fußball konzentrieren. Die Schule hat unter dem Training gelitten, einen Abschluss habe ich, und später kann ich mit der Schule immer noch weitermachen. Aber Fußballprofi kann ich nur jetzt werden."

Seine bisherige Entwicklung gibt ihm recht. Wie es aussieht, hat er den richtigen Weg eingeschlagen.