Ziel vieler Klassenfahrten: das ehemalige KZ in Dachau Foto: dpa

Kultusminister Andreas Stoch ruft Lehrer, Schüler und Eltern auf, „den besonderen Gedenktag am 27. Januar 2015 im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur zu gestalten“. Das Kultusministerium fördert Fahrten zu ehemaligen Konzentrationslager – viele Schulen machen davon Gebrauch.

Stuttgart - „Nichts gehört der Vergangenheit an. Alles ist Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ Mit diesem Satz von Fritz Bauer, einem ehemaligen Schüler des Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums, der als hessischer Generalstaatsanwalt in den fünfziger und sechziger Jahren maßgeblich an der Verfolgung der Verbrechen von Auschwitz beteiligt war, hat Kultusminister Andreas Stoch (SPD) Lehrer, Schüler und Eltern aufgerufen, „den besonderen Gedenktag am 27. Januar 2015 im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur zu gestalten“.

Stoch denkt dabei an Zeitzeugengespräche, Lesungen, Ausstellungen oder den Besuch von Gedenkstätten. Seine Begründung weist in die Gegenwart: „Auch in der heutigen Zeit sind wir mit rechtsextremer Gewalt und vielfältigen extremistischen Tendenzen konfrontiert. Daher sind gerade auch die Schulen gefordert, eine aktive, nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Schrecken der Nazizeit sowie mit deren Folgen anzustoßen und zu fördern.“ Entsprechende Empfehlungen hat auch die Kultusministerkonferenz anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz ausgesprochen.

Baden-Württembergs Schulen sind in dieser Hinsicht sehr aktiv. Nach Angaben der Landeszentrale für politische Bildung ist jeder zweite Besucher der KZ-Gedenkstätten im Land Schüler oder Jugendlicher. 2013 besuchten demnach rund 150 000 Heranwachsende eine der rund 70 Gedenk- und Erinnerungsstätten im Südwesten. Laut Landeszentrale haben sich die Gedenkstätten als „außerschulische Lernorte“ etabliert. „Im Laufe seines Schullebens besucht praktisch jeder Schüler einmal eine solche Gedenkstätte“, sagte eine Sprecherin des Kultusministeriums.

Schülerfahrten zu Gedenkstätten werden vom Land finanziell gefördert. Auch für Fahrten außerhalb der Schule, etwa von Jugendgruppen, gibt es Unterstützung – in diesem Fall über den Landesjugendplan. Laut Landeszentrale für politische Bildung führen die meisten Schülerfahrten zum ehemaligen Konzentrationslager Dachau in Bayern. Häufig besuchen Schülergruppen auch das ehemalige KZ Natzweiler im Elsass. Es kommt allerdings auch vor, dass baden-württembergische Schulklassen in das von Stuttgart aus fast 1000 Kilometer entfernte Auschwitz fahren. Das deutsch-polnische Jugendwerk steht dabei Pate. Die Landesregierung fördert ihrerseits die Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz; 6500 Euro trägt Baden-Württemberg jährlich zu den Personalkosten bei.

Einen großen Beitrag zur Erinnerungskultur insgesamt leistet die Landeszentrale für politische Bildung. Im Umfeld des 70. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz beginnt beispielsweise eine Veranstaltungsreihe in der Stuttgarter Stadtbibliothek, die sich mit dem Thema KZ Natzweiler befasst.