Die Schule hat den 16-jährigen Marley Nosakhare lange Zeit nicht interessiert. Foto: pop

Sein Umfeld hat den 16 Jahre alten Marley Nosakhare zum Lernen motiviert. Mit einem Stipendium geht er aufs Gymnasium. Dabei hat es nach der Grundschule erstmal nur für die Hauptschule gereicht.

Zuffenhausen - Dass er mit einem Durchschnitt von 1,5 den besten Realschulabschluss gemacht hat, den es an der Zuffenhausener Hohensteinschule bislang gegeben hat, wunderte den 16 Jahre alten Marley Nosakhare schon ein wenig. Doch Fakt ist: Noch nie war ein Absolvent besser, lobte auch der Schulleiter Ludwig Bierbaum. Dass er einmal so einen so guten Abschluss und sogar ein Stipendium des Landes Baden-Württemberg in der Tasche haben würde, hätte er selbst nicht gedacht. Nach der vierten Klasse reichte es nämlich nur für die Hauptschule.

„Mich hat die Schule lange nicht interessiert“, sagt Marley. Ob es an der Trennung der Eltern, dem Umzug von Krefeld nach Stuttgart und dem damit verbundenen Verlust der Freunde gelegen hat, kann er heute nicht sicher sagen. Aber bis zum Umzug nach der dritten Klasse, sei er ein guter Schüler gewesen. Dass er es nach Grundschule nur auf die Hauptschule geschafft hat, war ihm zunächst aber egal. „Ich habe damals viel Blödsinn gemacht“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln eines Teenagers. Von den Lehrern motiviert hätten er und seine Mitschüler sich nicht gefühlt. „Wir bekamen oft zu hören, dass wir es ohnehin nicht bis auf ein Gymnasium schaffen würden“, sagt der Sohn einer Griechin und eines Nigerianers. Auf die meisten von Marleys Mitschüler sollte das am Ende auch zutreffen.

Er wollte es den Lehrern einfach nur zeigen

Doch es gab Dinge, die Ambitionen weckten. Denn Ehrgeiz steckte in dem groß gewachsenen sportlichen Jungen, der seit Jahren beim TV 89 Zuffenhausen Basketball spielt. Er schaffte den Schnitt für die Werkrealschule und schließlich auch den für das Gymnasium. Entscheidend war für Marley sein Freundeskreis. „Viele sind auf dem Gymnasium. Ich wollte da irgendwann dazu gehören und mitreden“, sagt er. Den zweifelnden Lehrern wollte er es „einfach nur zeigen“.

Fragt man ihn, den 16-Jährigen, was es braucht, um Kinder für die Schule zu begeistern, dann sind es Eltern, die „auch etwas Druck machen“. Viele seiner Mitschüler hätten auch keine Vorbilder in ihren Familien, weil die Eltern meist keine Akademiker seien. „Ich finde es traurig, dass das so ist“, sagt er. Aktuellen Erhebungen der Bundesregierung zufolge haben acht Prozent der Eltern von Gymnasiasten, aber 45 Prozent der Eltern von Hauptschülern, höchstens einen Hauptschulabschluss.

Mindestens so wichtig wie seine Freunde waren auf Marleys Weg engagierte Menschen, die den Schulbetrieb unterstützen. Da war zum einen sein Seniorpartner, ein Ehrenamtlicher mit beruflicher Erfahrung und Kontakten, der Schüler an der Hohensteinschule im Rahmen der Projekts Startklar unterstützt. „Er hat mich ermutigt weiterzumachen. Er bot Hilfe bei beruflichen Fragen an und sagte uns Bescheid, wenn es einen Tag der offenen Tür an einem Unternehmen gab“, sagt Marley.

Später will er studieren und Lehrer werden

Als ihm seine Schwester, die in Köln Jura studiert, von dem Stipendium „Talent im Land“ erzählte, war es der Schulsozialarbeiter, der bei der Bewerbung half. Nach mehreren Auswahlrunden gehörte Marley zu den glücklichen 50 aus mehr als 300 Bewerbern, die in das Stipendienprogramm aufgenommen wurden. Es unterstützt begabte Schüler aus Baden-Württemberg, die es aufgrund ihrer sozialen Herkunft schwerer haben, auf ihrem Weg zum Abitur oder zur Fachhochschulreife.

Außer Marley Nosakhare haben nur drei andere aus seiner 24-köpfigen Klasse den Sprung aufs Gymnasium geschafft. Wenn er in drei Jahren sein Abitur in der Tasche hat, will er studieren und Lehrer werden.