Die türkischen Behörden setzen die Puzzleteile zusammen, die bislang von der Schreckenstat am Istanbuler Flughafen mit dutzenden Toten bekannt sind. Foto: AP

Die türkischen Behörden setzen die Puzzleteile zusammen, die bislang von der Schreckenstat mit mindestens 42 Toten bekannt sind. Die Hinweise auf den IS nehmen Konturen an. Ein offizielles Bekenntnis fehlt jedoch.

Istanbul - Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat Terrorgruppen nach dem Anschlag auf den Atatürk-Flughafen in Istanbul mit mindestens 42 Toten mit Vernichtung gedroht. Sein Land werde die Terroristen bezwingen, unter anderem kurdische Rebellen und die Terrormiliz Islamischer Staat, sagte er am Mittwoch. Die Gruppen versuchten, türkische Bestrebungen nach einem Aufstieg in die Riege der zehn weltweit stärksten Wirtschaftsnationen sowie dem Bau des weltweit größten Flughafens zu stoppen. Die Behörden arbeiteten weiterhin an der Rekonstruktion des genauen Ablaufs des Angriffs.

Weder die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK noch der IS würden die Türkei davon abhalten, ihre Ziele zu erreichen, sagte Erdogan. Die Selbstmordattentäter von Istanbul seien keine Muslime und hätten sich einen Platz in der Hölle gesichert.

Bei dem Anschlag vom Dienstagabend kamen 42 Menschen ums Leben, darunter mindestens 13 Ausländer. 41 der mehr als 230 Verletzten wurden am Mittwochabend noch in Intensivstationen behandelt. Die türkische Regierung machte den IS für die Tat verantwortlich. CIA-Direktor John Brennan bestätigte die Einschätzung, dass der Angriff die Handschrift der Terrormiliz trage. Bekannt hat sich bislang aber niemand zu der Attacke.

Keiner der Attentäter ist türkischer Staatsbürger

Regierungschef Binali Yildirim versicherte, es habe keine Sicherheitslücken am Flughafen gegeben. „Als die Terroristen nicht am regulären Sicherheitssystem vorbeigekommen sind, als sie nicht die Scanner, Polizei und Sicherheitskontrollen passieren konnten, sind sie zurückgekehrt und haben ihre Waffen aus ihren Koffern geholt und wahllos das Feuer am Sicherheits-Check eröffnet“, sagte er.

Alle drei Angreifer seien am Dienstagabend gemeinsam in einem Taxi auf der Höhe des Ankunftterminals eingetroffen, hieß es aus Regierungskreisen. Der erste Angreifer habe das Terminal betreten, das Feuer eröffnet und sich dann nahe der Sicherheitsgeräte zur Gepäcküberprüfung und der Passagiere in die Luft gesprengt.

Das dadurch ausgelöste Chaos habe der zweite Angreifer genutzt, um nach oben zur Abflugshalle zu laufen und sich dort in die Luft zu sprengen, hieß es weiter. Der dritte Angreifer habe währenddessen draußen gewartet und seinen Sprengstoff gezündet, als die Menschen in Panik aus dem Flughafen liefen. Keiner der Attentäter sei türkischer Staatsbürger gewesen, hieß es.

Ein Augenzeuge sah, wie zwei Sicherheitskräfte einen der Angreifer fassten. In diesem Moment habe dieser sich in die Luft gesprengt, sagte Cihan Tunctas. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, die Ermittler hätten eine Kalaschnikow, eine Handfeuerwaffe und zwei Handgranaten neben den Leichen gefunden. Bei Razzien in zwei Wohnungen seien verschlüsselte Dokumente und Computerdateien entdeckt worden.

IS bekennt sich kaum zu Anschlägen in der Türkei

Für die Türkei war es der jüngste in einer ganzen Reihe von schweren Terroranschlägen in diesem Jahr. Die Angreifer gingen ähnlich vor wie jene, die im März am Brüsseler Flughafen 16 Menschen in den Tod gerissen hatten. Anders als in Brüssel, wo der Flughafen zwölf Tage lang komplett geschlossen blieb, nahm der Atatürk-Airport bereits am Mittwochmorgen seinen Betrieb zumindest teilweise wieder auf.

Der IS bekennt sich anders als bei Attacken in Westeuropa kaum zu Anschlägen in der Türkei. Einer der möglichen Gründe sei, dass er nicht als Mörder anderer Sunniten dastehen wolle, sagte Terrorexperte Anthony Skinner. Möglicherweise wolle er auch die Rivalität zwischen türkischer Regierung und kurdischen Rebellen befeuern. Diese führten seit vergangenem Sommer ebenfalls eine Reihe tödlicher Anschläge durch, vor allem auf das türkische Militär.