Der türkische Präsident Erdogan belastet mit seinem Vorgehen das deutsch-türkische Verhältnis. Foto:  

Bricht die EU alle Brücken zu Ankara ab, verliert sie den Einfluss auf die Entwicklung in der Türkei. Dennoch muss die EU Erdogan eine klare Antwort geben, kommentiert Redakteur Gerd Höhler.

Istanbul - Man sollte meinen, die spanische Polizei hätte dieser Tage Wichtigeres zu tun, als auf Veranlassung des türkischen Staatschefs Erdogan in Granada nach einem missliebigen deutschen Schriftsteller zu fahnden. Mit der Verhaftung von Dogan Akhanli hat Erdogans Jagd auf seine Kritiker eine neue Eskalationsstufe erreicht. Akhanli ist deutscher Staatsbürger, aber sein Fall ist nicht nur ein weiteres Thema in der langen Liste deutsch-türkischer Streitfragen. Die Europäische Union ist herausgefordert. Sie muss sich Erdogans ständigen Provokationen geschlossen entgegenstellen. Nähme die EU ihre eigenen Regeln ernst, hätte sie die Beitrittsverhandlungen mit Ankara längst aussetzen müssen. Denn die Kriterien, an die sich jeder Beitrittskandidat halten muss, erfüllt die Türkei schon lange nicht mehr.

Die EU muss auf Erdogans jüngste Kampfansage eine klare Antwort geben

Für eine Suspendierung der Beitrittsgespräche gibt es gute Gründe. Für ihre Fortsetzung aber auch. Bricht die EU alle Brücken zu Ankara ab, verliert sie den Einfluss auf die Entwicklung in der Türkei. Der Umgang mit dem Land bleibt eine heikle Gratwanderung. Die EU schuldet einerseits der türkischen Opposition, die für die Rückkehr zur Demokratie und eine europäische Perspektive kämpft, Solidarität. Andererseits muss sie Erdogan auf die jüngste Kampfansage eine klare Antwort geben: So hat die Türkei keine Zukunft in Europa.