Das Kabinett beschließt die Pläne für eine Reform der Erbschaftsteuer. Foto: dpa-Zentralbild

Im Interview mit den Stuttgarter Nachrichten übt Hermann-Ulrich Viskorf, Vize-Präsident des Bundesfinanzhofes, Kritik an den Forderungen der Wirtschaft zur Erbschaftsteuer.

Berlin/Stuttgart - Der Vizepräsident des Bundesfinanzhofes, Hermann-Ulrich Viskorf, warnt die Politik vor weiteren Zugeständnissen an die Wirtschaft bei der Reform der Erbschaftsteuer. Im Interview mit unserer Zeitung sagte Viskorf, der einer der höchsten deutschen Finanzrichter ist: „Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Verbandsfunktionäre und ihnen nahestehende Politiker den Untergang des deutschen Mittelstandes ausrufen und mit zum Teil abwegigen Äußerungen jedes ernsthafte Bemühen hintertreiben, den vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Zustand zu beseitigten.“

Viskorf sagte weiter: „Wird diesen Kräften nachgegeben, führt der Weg – wie ich fürchte – erneut in die Verfassungswidrigkeit.“ Er kenne „neben der Erbschaftsteuer keine andere Steuerart, die derart emotional und ideologisch belastet ist und von parteitaktischen und interessengeleiteten Verlautbarungen bestimmt wird.“

Das Bundeskabinett will heute den Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für eine Reform der Besteuerung von Firmenerben beschließen. Das Bundesverfassungsgericht hatte das geltende Recht im Dezember verworfen.

Der Kompromiss stößt im Südwesten auf Kritik: „Wird dieser Gesetzentwurf umgesetzt, droht massiver Ausverkauf unserer Familienunternehmen“, so der Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags, Peter Kulitz. Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hätte sich „mehr Verständnis für die besonderen Herausforderungen familiengeführter Mittelständler“ gewünscht. Die Stiftung Familienunternehmen erklärte, Schäuble komme den Familienfirmen „an einigen Stellen entgegen, aber an den Kernproblemen der Erbschaftsteuer für große Familienunternehmen ändert sich dadurch nichts“.