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Der Eppelheimer Rathauschef Dieter Mörlein klebt an seinem Sessel. Er will die Amtsstube zum 1. Januar nicht räumen, obwohl er altershalber nicht mehr zur Wahl angetreten ist und eine Nachfolgerin längst feststeht.

Eppelheim - Seit 23 Jahren steht Dieter Mörlein an der Spitze des Rathauses in Eppelheim (Rhein-Neckar-Kreis). Vor wenigen Tagen ist der parteilose Schultes 68 Jahre alt geworden, Ende Oktober haben die Bürgerinnen und Bürger der 15 000-Einwohner-Stadt im Westen von Heidelberg seine Nachfolgerin gewählt. Die Diplomverwaltungswirtin Patricia Popp aus Mannheim hat sich gleich im ersten Wahlgang klar gegen fünf Mitbewerber durchgesetzt. Am 1. Januar wollte die 39-Jährige ihr Amt antreten – Mörleins große Abschiedsfeier war eine Woche später geplant.

Doch daraus wird wohl nichts. Der 68-Jährige, ein bekennender Verfechter und Vorkämpfer längerer Dienstzeiten für Bürgermeister, hat das Fest abgesagt und angekündigt, er wolle auch weiterhin die Geschicke der Stadt lenken. „Wir haben momentan so viele Projekte laufen, die kann ich nicht stoppen. Die Investoren warten, das brennt mir auf den Nägeln“, sagte er.

Schultes beruft sich auf eine Formalie

Formal beruft er sich der Bürgermeister, der seine Laufbahn einst im hessischen Neckarsteinach begonnen hat, auf eine Wahlanfechtung. Mit der hat sich ein Eppelheimer darüber beschwert, dass ein Plakat der späteren Siegerin nicht weit genug entfernt vom Eingang eines Wahllokals gestanden und das Wahlvolk unzulässig beeinflusst habe. Das Landratsamt in Heidelberg hat den Einspruch zwar schon Anfang November als unbegründet abgewiesen. Das Plakat sei gut 16 Meter von der Tür entfernt gewesen; dies sei ausreichend, hat die Behörde festgestellt und sich dabei auf die jüngste Landtagswahl berufen, wo Abstände von zehn bis 20 Meter genügten.

Anhänger Mörleins hat Klage eingereicht

Doch der Wortführer, der dem Vernehmen nach Mörleins bisherigen bürgerlich-konservativen Unterstützern nahesteht, hat gegen die Entscheidung Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereicht. Das Verfahren dort könnte sich länger hinziehen. Mörlein selbst hat auch schon angekündigt, er wolle bis zur letztinstanzlichen Entscheidung im Amt bleiben. „So ist das in der Gemeindeordnung des Landes vorgesehen“, sagte er auf Anfrage. Allerdings gibt es dort auch die Möglichkeit, zum freiwilligen Amtsverzicht, um den Weg für einen neugewählten Nachfolger frei zu machen. Der muss sich dann eben, wie es immer wieder einmal vorkommt, bis zum Abschluss des Verfahrens mit dem Posten eines Amtsverwesers begnügen.

Mörlein: Freiwilliger Amstverzicht kommt nicht in Frage

Für ihn komme ein solcher Verzicht „nicht in Frage“, das hat Mörlein inzwischen wiederholt erklärt. „Wie ein Hund vom Hof lasse ich mich nicht jagen“, sagte er. Die Frage, ob er ernsthaft damit rechne, dass die Wahl seiner Nachfolgerin am Ende für ungültig erklärt werde, ließ er offen. „Es ist mein gutes Recht zu bleiben“, erklärte er. „Ich habe auch schon Urteile gesehen, mit denen keiner gerechnet hatte.“

Sie sei traurig, dass sie nicht gleich ans Werk gehen und ihre Wahlankündigungen umsetzten könne, bedauerte Patricia Popp. „Ich muss mir nun wohl erst einmal einen Anwalt nehmen“, sagte sie. SPD und Grüne haben den Antrag gestellt, sie zur Amtsverweserin zu ernennen; Ende Januar soll darüber im Rat abgestimmt werden. Eine Fraueninitiative hat jetzt eine Unterschriftenaktion gestartet. „Mein Eindruck ist, er klebt an seinem Stuhl“, sagt Renate Schmidt, die Fraktionsvorsitzende der SPD. „Er hätte jetzt doch würdevoll aus dem Amt scheiden können“, bedauert ihre Kollegin von den Grünen, Christa Balling-Gründling.

Mörlein war zuletzt nicht mehr beliebt

„Die Lage ist unbefriedigend“, meint auch der Sprecher der CDU-Gemeinderatsfraktion, Trudbert Orth. „Wir haben ihn ja immer unterstützt. Aber er hat mit niemandem über seinen Entschluss gesprochen. Wir waren alle verblüfft.“ Nicht nur in Eppelheim, auch in der Nachbarschaft schüttelt man den Kopf über Mörleins Vorgehen. Seine Beliebtheit sei zuletzt nicht mehr ganz so groß gewesen wie seine Umtriebigkeit, sagt einer seiner Kollegen. „Wenn er kandidiert hätte, wäre er wohl nicht nochmals gewählt worden“, vermutet er.