Auch der Flughafen Stuttgart ist technisch gerüstet für die Unterstützung von Fluggästen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Hier wird 2012 der Einsatz eines stufentauglichen Liftes demonstriert. Foto: Achim Zweygarth

Flughäfen rühmen sich gern, dass sie Reisende mit Handicap unterstützen. Dass es anders sein kann, erlebte eine Seniorin aus Dresden in Stuttgart – weil am Check-in-Schalter ein Fehler gemacht wurde.

Stuttgart - Für Gisela Unger (84) ist es eine „Horrorgeschichte“, was sie am Flughafen Stuttgart erlebte, als sie nach Dresden heim wollte. Die frühere Ärztin ist außer Haus bei längeren oder schwierigen Wegstrecken auf den Rollstuhl angewiesen. Allein reisen könne eine schwer behinderte Omi wie sie aber trotzdem, sagt sie. Mit etwas Betreuung klappe es – „der Reisebeginn darf nur nicht am Flughafen Stuttgart erfolgen“.

Schlechte Erinnerungen an den 31. Juli

Es war am 31. Juli. Gisela Unger erinnert sich: „Check-in bei Eurowings: drei Schalter besetzt, der rechte wird frei. Im Brustbeutel habe ich den kompletten Buchungsausdruck und den Personalausweis. ,Rollstuhl und Betreuung sind nicht gebucht!’, bekomme ich zu hören. ,Doch, im Ausdruck vermerkt’, sage ich. Entgegnung: ,Bei mir steht davon nichts.’ Also müsse ich den Rollstuhl selber zum Gate bringen. Dafür gibt es eine Bordkarte für mich als Fluggast, eine weitere Bordkarte für meinen Enkel als ‚Begleitung’. Trotz Hinweis, dass ich nur Handgepäck habe, muss das Köfferchen auf das Transportband gehoben werden. Weiter zur Kontrolle im Rollstuhl mit meinem Enkel als Begleiter. Sie ist mir vom letzten Besuch wegen Verletzung der Intimsphäre in deutlicher Erinnerung. Ablegen unserer Habe in Kontrollkästen. Und dann: ,Hier können Sie nicht durchgehen.’

Die breiteren Durchgänge sind alle verbarrikadiert. Hin-und-her-Fahrerei, bis ein Unbeschäftigter aus Mitleid die Sperrkisten entfernt und die Durchfahrt freigibt. Dort erwartet uns eine junge Frau: ,Die Schuhe müssen ausgezogen werden.’ Darauf ich: ,Dann möchten Sie mir diese bitte auch wieder anziehen!’ Die Antwort: ,Dafür werde ich nicht bezahlt!’ Der Enkel hilft mir. Ein Glück, dass die abgelegten Gegenstände noch alle auf uns warten. Das Abfluggate nach Dresden ist uns schon bekannt. Beim Boarding weist die Bordkarte mich aber als Carlo Ungermann mit Flugziel Bremen aus. ,Sie wollen nach Bremen?’ Ich antworte: ,Nein, nach Dresden!’ Schnell wird aus Carlo mit Flugziel Bremen eine Gisela mit Flugziel Dresden. Nun scheint alles in Ordnung zu sein.“ Als Gisela Unger schon auf ihrem Sitz in der Kabine ist, taucht plötzlich ein Gepäckmitarbeiter auf, erinnert sich die Seniorin. „Er sagte, ,Hier steht noch ein Rollstuhl, soll der mit nach Dresden?’ Ich sage: ,Aber ja, bitte!’ Der Mann antwortet: ,Auf dem Anhängeschild steht aber Bremen!’ Auch das kann geklärt werden. Der Heimflug ist problemlos.“

Flughafengesellschaft will sich entschuldigen

„Das ist schlecht gelaufen“, sagt Flughafensprecher Johannes Schumm dazu. Es handle sich um einen Fehler am Check-in-Schalter. Wer schuld war, wisse man nicht. An diesem Schalter würden Reisende abwechselnd von Eurowings, Lufthansa und der Firma SGS, Tochter der Flughafen-GmbH, betreutFest stehe: „Die Dame war angemeldet, damit sie Unterstützung zwischen dem Einchecken und dem Einnehmen ihres Sitzplatzes bekommt.“ Nur habe das Personal am Schalter nicht – wie es vorgesehen ist – die Boarding-Hilfe gerufen. Das ist eine Dienstleistung, die kostenlos ist. Mindestens 48 Stunden vor dem Flug sollte sie beim Reisebüro, der Airline oder bei der Flughafen-GmbH angefordert werden, damit alles klappt. So, wie es nach Schumms Auskunft etwa 40 000 Mal im Jahr beim Boardingservice funktioniere.

Der Fehler war schon, dass die Frau die falsche Bordkarte erhielt. So geriet die Seniorin auf einen Hindernisparcours. Nur gut, dass zufällig ein Mitarbeiter des Boardingdienstes am Abflugsteig gewesen sei, um einen Minderjährigen zu begleiten, dass er auf den Rollstuhl aufmerksam wurde und der Besitzerin auf den letzten Metern assistierte, sagt Schumm. Trotzdem entschuldige man sich bei der Frau.