Juri Ganus, Chef der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada. Foto: Pavel Golovkin/AP/dpa

Es bleibt dabei: die obersten Dopingjäger haben bei ihrem Treffen in Seoul die Suspendierung der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA aufrechterhalten.

Seoul - Die Welt-Anti-Doping-Agentur bleibt gegenüber Russland hart, der Druck auf das IOC wird größer: Wie erwartet haben die obersten Dopingjäger bei ihrem Treffen in Seoul die Suspendierung der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA aufrechterhalten. „Das Foundation Board ist der Empfehlung gefolgt und hat bestätigt, dass die RUSADA weiterhin als nicht regelkonform eingestuft bleibt“, teilte die WADA mit.

Im November 2015 war die RUSADA wegen massiver Verfehlungen im Anti-Doping-Kampf als „non-compliant“ (nicht regelkonform) erklärt worden. Die fortbestehende Suspendierung hat Auswirkungen auf die Teilnahme russischer Sportler an den Paralympics in Pyeongchang und den Ausschluss der russischen Leichtathleten.

Anfang Dezember fällt IOC-Entscheidung

Sowohl das Internationale Paralympische Komitee IPC als auch der Leichtathletik-Weltverband IAAF haben die Wiederaufnahme der RUSADA zur Voraussetzung dafür gemacht, dass russische Athleten wieder ohne Einschränkungen bei ihren Wettbewerben starten dürfen. Direkte Konsequenzen für die Teilnahme eines russischen Teams an den Olympischen Spielen in Pyeongchang (9. bis 25. Februar) hat das Ergebnis der WADA-Beratungen dagegen nicht. Auch während der Sommerspiele in Rio de Janeiro, in deren Vorfeld sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) gegen einen Komplettausschluss Russlands entschieden hatte, war die RUSADA suspendiert.

Voraussichtlich Anfang Dezember fällt eine Entscheidung des IOC zu Pyeongchang. „Wenn das Exekutivkomitee über die Teilnahme russischer Athleten in Pyeongchang entscheidet, wird es alle Umstände in Betracht ziehen. Einschließlich aller Maßnahmen, um gleiche Bedingungen bei den Olympischen Winterspielen zu gewährleisten“, teilte ein IOC-Sprecher mit. „Wir haben nicht das Recht, zu entscheiden wer an internationalen Wettbewerben teilnehmen darf. Das darf nur der Veranstalter“, sagte WADA-Präsident Craig Reedie: „Wir bedauern es, dass die RUSADA bis jetzt nicht regelkonform ist. Technisch gesehen, haben sie große Fortschritte gemacht. Aber wir haben in unserem Fahrplan zwei Punkte, die noch nicht erfüllt sind. Und davon können wir nicht abrücken.“

Russland bezeichnete WADA-Entscheidung als unfair

Die WADA hatte als Voraussetzung für eine Wiederaufnahme der RUSADA unter anderem eine offizielle Anerkennung des McLaren-Reports, der Russland ein institutionalisiertes Dopingsystem attestierte, sowie den Zugang zu weiteren Dopingproben im Moskauer Labor gefordert. Beide Punkte hat Russland bisher nicht erfüllt. Die russische Regierung bezeichnete die Entscheidung der WADA als unfair. „Wir werden auch weiterhin Vorwürfe bestreiten, wonach Dopingfälle irgendeine Form von staatlicher Unterstützung erhalten haben“, teilte Kreml-Sprecher Wladimir Peskow mit.

DOSB-Präsident Alfons Hörmann kritisierte diese starre Haltung. „Es ist unfassbar, dass auch eineinhalb Jahre nach dem McLaren-Bericht in Russland noch keinerlei Einsicht erkennbar ist“, sagte Hörmann auf SID-Anfrage: „Wer die international gültigen Spielregeln nicht ansatzweise anerkennt und einhält, muss mit harten Konsequenzen rechnen.“ Das Ergebnis der WADA-Beratungen gibt nun den Befürwortern von harten Strafen gegen Russland Rückenwind. „Der Druck wird größer“, hatte Richard „Dick“ Pound, kanadisches IOC-Mitglied und einst erster Präsident der WADA, vor dem Treffen erklärt.

Russlands Vize-Premier wenig überrascht

In den vergangenen Wochen waren neben einem Komplett-Ausschluss verschiedene Sanktionsmöglichkeiten ins Spiel gebracht worden. Darunter auch, dass russische Sportler bei Olympia nur als „neutrale Athleten“ starten dürften oder es ein „Hymnenverbot“ gebe. Für beide Fälle waren in Russland bereits Rufe nach einem Boykott der Spiele laut geworden. Bisher sperrte das IOC sechs russische Langläufer, darunter Sotschi-Sieger Alexander Legkow, wegen der Verwicklung in das Dopingsystem lebenslang für Olympia.

Russlands Vize-Premier Witali Mutko, ehemals Sportminister und selbst in den McLaren-Berichten belastet, regierte wenig überrascht. „Niemand hat etwas anderes erwartet“, sagte er der Nachrichtenagentur TASS: „Die Entscheidung führt zu nichts.“ Allerdings betonte Mutko, dass dieses Ergebnis nichts mit der Entscheidung über eine Olympiateilnahme zu tun habe: „Das ist eine andere Sache.“ Am Donnerstag betonte Alexander Schukow, Präsident des russischen Olympiakomitees, Russland könne die Erkenntnisse McLarens nicht vollständig anerkennen.

Nationale Anti-Doping-Agentur begrüßte Ergebnis

„Wir akzeptieren, dass unser nationales Anti-Doping-System versagt hat, aber wir verneinen, dass es ein staatlich gestütztes Dopingsystem gegeben hat“, erklärte er. Doch er überzeugte nicht. Das britische IOC-Mitglied Adam Pengilly, gleichzeitig Mitglied des WADA Foundation Boards, fragte, wie die WADA Vertrauen in die neue russische Anti-Doping-Behörde haben könne, „wenn nicht ernsthaft anerkannt werde, was geschehen ist.“

Die Nationale Anti Doping Agentur begrüßte das Ergebnis. „Die Entscheidung der WADA ist eindeutig und zeigt, dass im russischen Sport noch viel zu tun ist, um Vertrauen in die dortige Anti-Doping-Arbeit wiederzuerlangen“, hieß es von der in Bonn ansässigen Organisation auf SID-Anfrage. Erst vor wenigen Tagen hatte eine russische Ermittlungskommission nach einer eigenen Untersuchung die Ergebnisse McLarens als „widerlegt“ angesehen. Die WADA hingegen erklärte in der vergangenen Woche, weitere Beweise in Händen zu halten. Eine Datenbank aus dem Moskauer Anti-Doping-Labor untermauere die Ermittlungsergebnisse McLarens.