Die Anrufe von Betrügern bei älteren Menschen gehen ungebremst weiter Foto: Patricia Sigerist

Die Enkeltrick-Betrüger machen ungeniert weiter: Eine unbekannte Anruferin, die sich seit Wochen im Großraum Stuttgart als Verwandte ausgibt und älteren Menschen Tausende Euro abzunehmen versucht, hat ein neues Opfer gefunden.

Stuttgart - Die Enkeltrick-Betrüger machen ungeniert weiter: Eine unbekannte Anruferin, die sich seit Wochen im Großraum Stuttgart als Verwandte ausgibt und älteren Menschen Tausende Euro abzunehmen versucht, hat ein neues Opfer gefunden. Im Stuttgarter Osten gab eine 93-Jährige Schmuck und Goldmünzen im Wert von nicht ganz 10 000 Euro her. Sie wollte ihre angebliche Nichte beim Kauf einer Wohnung unterstützen.

Damit erhöht sich der Schaden in der Region in diesem Jahr auf 266 000 Euro. Nach der Berichterstattung der Stuttgarter Nachrichten über eine neue Welle des Enkeltricks konnte die Polizei auch am Freitag keine Entwarnung geben. „Neben dem Fall im Stuttgarter Osten gab es weitere 13 Betrugsversuche, die bei uns angezeigt wurden“, sagt Polizeisprecher Tobias Tomaszewski. Glücklicherweise wurden die Angerufenen in diesen Fällen rechtzeitig misstrauisch – und die Täter blieben ohne Beute.

Es wird vermutet, dass die Anruferin zu einem weitverzweigten Familienclan einer ethnischen Minderheit gehört, die vorwiegend von Polen aus agiert. Der Schmuck, die Münzen und die 200 Euro Bargeld, die am Donnerstag gegen 16 Uhr erbeutet wurden, hat freilich nicht die Nichte am Telefon, sondern eine von ihr beauftragte Vertrauensperson abgeholt. Dabei handelte es sich um einen 20 bis 25 Jahre alten Mann, etwa 1,70 Meter groß, mit dunklen Haaren, schwarzem Blouson und dunkler Hose. Er soll mit einem größeren, beigen Auto unterwegs sein. Hinweise an die Kripo werden unter der Rufnummer 07 11 / 89 90 - 57 78 erbeten.

Weitere Fälle wurden am Freitag aus dem Rems-Murr-Kreis gemeldet. „In Winnenden und Schwaikheim wurden vier Versuche angezeigt“, sagt Polizeisprecher Holger Bienert, „die Dunkelziffer dürfte größer sein.“ Auch in diesen Fällen hatte sich eine Frau am Telefon als Verwandte ausgegeben. Ein Zusammenhang mit den jüngsten Stuttgarter Fällen gilt als sehr wahrscheinlich.

Viele Taten werden aus Scham verschwiegen. Kein Wunder: In der Regel sind es um die 30 000 Euro, die ein Opfer aus Gutgläubigkeit hergegeben hat. Nach Angaben des Landeskriminalamts haben die falschen Enkel binnen fünf Jahren in Baden-Württemberg 4,35 Millionen Euro kassiert .

Das Prinzip ist einfach: Die Anrufer lassen die Opfer zunächst im Ungewissen, wer da in der Leitung ist. „Rate mal, wer hier spricht?“, ist eine klassische Frage, um dem angerufenen Opfer einen Namen zu entlocken, auf dem weiter aufgebaut wird. Die Enkeltrick-Gauner agieren bundesweit. Und die Einstiegsfrage kann auch anders lauten. In Essen im Ruhrgebiet meldete sich am Donnerstag ein Unbekannter mit den Worten: „Hallo, ich bin hier!“ Der angerufenen 82-Jährigen kam die Stimme bekannt vor: „Gunter, bist du das?“ Von da an gab sich der Täter als Gunter aus. Zum Glück schöpfte die Rentnerin Verdacht, als der angebliche Neffe dringend um Geld bat. Sie drohte mit der Polizei, der Täter legte auf.