In einzelnen Berufen, zum Beispiel solchen, die für die Digitalisierung wichtig sind, und in der Pflege gibt es Engpässe. Künftig werden mehr Facharbeiter, Meister und Techniker gebraucht.

Es sind vor allem drei Themen, die den Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg beherrschen. „Das sind die Digitalisierung der Wirtschaft, die steigende Zahl an Pflegebedürftigen und die Flüchtlingsmigration“, sagte Nicole Hoffmeister-Kraut, Landesministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, im Oktober bei einem Treffen der Fachkräfteallianz Baden-Württemberg, dessen Vorsitzende sie ist. Die Allianz vereint alle Partner, die an der Fachkräftesicherung im Land mitarbeiten, beispielsweise Wirtschaftsorganisationen, Gewerkschaften, Bundesagentur für Arbeit. Deren gemeinsames Ziel ist es, das Fachkräfteangebot im Land zu sichern.

Aufgrund der Digitalisierung werden sich die Arbeitsanforderungen in den Unternehmen und die Qualifikationen der Beschäftigten massiv verändern. „Vor allem die Bedeutung des technischen Fachwissens und der Online-Kompetenzen werden deutlich zunehmen“, sagte die Ministerin. Bereits aktuell gebe es einen erheblichen Fachkräftemangel in den für die Digitalisierung besonders wichtigen Berufen Informatiker und Elektroingenieur. In diesen Mangelberufen kommen auf einen Arbeitslosen bis zu vier offene Stellen. Ein Mangel liegt dann vor, wenn die Nachfrage nach Fachkräften dauerhaft über dem Angebot liegt.

Dem ist so in der Pflege. Dort steigt der Fachkräftebedarf aufgrund der Zunahme an Pflegebedürftigen kontinuierlich, die Zahl der Alten- und Krankenpfleger nicht. So kommen derzeit auf eine arbeitslose Fachkraft für Altenpflege fünf offene Stellen.

Offene Lehrstellen

„Wir müssen deutlich machen, dass gerade auch die Pflege zukunftssichere Arbeitsplätze mit Aufstiegschancen bietet“, sagt Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha. Nach Aussage von HoffmeisterKraut ist die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt „eine der wichtigsten Voraussetzungen für deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“. Mittelfristig könnten sie einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs leisten. Wichtig für eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt ist Qualifizierung.

Zwischen 2011 und 2015 ist die Zahl der Beschäftigten in Baden-Württemberg kräftig um fast neun Prozent auf rund 4,4 Millionen gestiegen. Die Zahl der offen gemeldeten Stellen steigt und die Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Ende September 2016 waren in Baden-Württemberg rund 226.000 Menschen arbeitslos gemeldet.

Einen generellen Fachkräftemangel gibt es nicht, teilt die Regionaldirektion BadenWürttemberg der Bundesagentur für Arbeit in Stuttgart auf Anfrage mit. Aber es gebe laut Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit, veröffentlicht im Juli 2016, Engpässe in einzelnen technischen Berufsfeldern sowie in einigen Gesundheitsund Pflegeberufen. Überwiegend sind das Berufe, in denen eine duale Ausbildung vorausgesetzt ist.

In allen diesen Mangelberufen wird die Nachwuchssuche schwieriger – weil immer mehr studieren. Während im Jahr 2000 ein Drittel eines Jahrgangs an die Hochschule ging, sind es 2015 mit 58 Prozent fast doppelt so viele gewesen. So steht es im Bundesbildungsbericht 2016. Mehr Studenten bedeutet weniger Auszubildende. Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres im September blieben rund 7000 Lehrstellen im Land unbesetzt. Das waren etwa 1000 mehr als im Vorjahr.

Einen Fachkräftemangel weist die Bundesagentur bei Ingenieuren von Metallbau und Schweißtechnik, Fahrzeugtechnik, Mechatronik und Automatisierungstechnik aus. „Diese Engpässe bestehen vor allem in Süddeutschland und dort ist Baden-Württemberg stärker betroffen als Bayern“, sagt Dr. Hans-Peter Klös, Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, zugleich Leiter des Bereichs Wissenschaft. Die Situation wird sich für die Unternehmen im akademischen Bereich nicht weiter verschärfen. Klös geht von einem gleichbleibenden Zustand aus, weil das Expertenangebot durch die Zunahme an Studierenden und durch die Zuwanderung deutlich gestiegen ist.

Akademiker-Stand bleibt

„Es findet eine Verschiebung statt in Richtung Fachkräfte“, so Klös. Facharbeiter, Meister, Techniker: Das sind die technischen Berufsgruppen, in denen künftig der größte Mangel herrschen wird, neben Gesundheits- und Pflegeberufen.

Aktuell sucht ein Fünftel der Unternehmen, die Stellen zu besetzen haben, Mitarbeiter ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Facharbeiter mit dualer Ausbildung, Meister und Fachwirte sowie Hochschulabsolventen liegen mit jeweils 45 Prozent gleichauf. Etwa die Hälfte aller Unternehmen suchen Beschäftigte für technische und ein Viertel für kaufmännische Berufe. Jedes fünfte Unternehmen hat Bedarf an IT-Mitarbeitern und jeweils 14 Prozent suchen Personal für die Bereiche Verkehr und Logistik sowie Schutz und Sicherheit. Quelle dieser Zahlen ist die Konjunkturumfrage des Industrie- und Handelskammertags Baden-Württemberg im Herbst 2016.