Michael Volz übergibt die Leitung der Theater-AG jetzt an Julia Weizmann. Foto: factum/Weise

Er hat Stücke inszeniert, die Abithemen waren, und die Stadt auf der Bühne gespiegelt. Nun gibt Michael Volz, der Gründer der Theater-AG, die Arbeitsgemeinschaft an eine junge Kollegin ab.

Gerlingen - Es ist ein Kommen und Gehen an der Spitze:Michael Volz verlässt nach zwölf Jahren die Theater-AG, Julia Weizmann übernimmt die Gruppe. Ein Gespräch über Höhen und Tiefen, über Ideen, pädagogische Motive und gute Wünsche.

Herr Volz, bereuen Sie schon Ihre Entscheidung, die Theater-AG abzugeben?
Nein. Ich freu’ mich drauf.
Frau Weizmann, haben Sie schon die Fußstapfen ausgemessen, in die Sie treten?
Minimum 49. Die Theater-AG von Michael ist in ganz Gerlingen bekannt, die Leute warten jedes Jahr auf das neue Stück.
Sie haben zum Übergang ein Jahr lang zusammengearbeitet. Wollen Sie, Frau Weizmann, Herrn Volz’ Rolle exakt übernehmen?
Nein, sicher nicht. Wir haben beide eine sehr unterschiedliche Art, mit Theater umzugehen. Ich konnte mir viel abschauen und auch viele seiner Kontakte übernehmen zu Leuten, die uns helfen. Michael konnte gut organisieren und die Schüler immer wieder motivieren, dabei zu bleiben.
Herr Volz, Sie haben sieben Literaturklassiker auf die Theater-AG adaptiert und fünf eigene Stücke geschrieben. Was hätten Sie denn gerne noch inszeniert?
Ich hätte gerne noch irgendwas Englisches gespielt, vielleicht Shakespeare, einen richtigen Schinken. (Denkt nach) Sonst bin ich eigentlich im Glück. Und was hast du vor?
Weizmann: Für die nächsten zwei, drei Jahre habe ich schon Ideen. Ich möchte mit Stücken anfangen, die es schon gibt. Eigenes zu schreiben, geht viel weiter.
Verraten Sie uns eine Idee?
Schillers Räuber finde ich ein super Stück. Oder Peer Gynt von Ibsen. Das ist gut wegen der vielen Trolle – prima zu spielen.
Wollen Sie auch, wie Ihr Kollege, Gerlinger Themen mit einbringen?
Weizmann: Ich möchte auch mit den Menschen arbeiten, die hier leben. In ein Altenheim gehen und Leute nach Ihren Biografien fragen. Auch ein Stück über das Ankommen, die Flüchtlinge, ist eine Idee. Wir haben ja eine Vorbereitungsklasse gleich nebenan; vielleicht kann man ein gemeinsames Projekt starten. Zunächst aber muss ich mich bremsen. Zuerst was „Normales“ – und dann die AG mit der Zeit öffnen.
Herr Volz, welches war das für Sie schwierigste, und welches das einfachste Stück?
Das einfachste war das erste, die Dreigroschenoper von Brecht. Nach zwei Monaten hatte ich gelernt, dass nicht alles am Theater eins zu eins umsetzbar ist. Dann habe ich das Stück auf die Hälfte reduziert – jetzt war es gut umzusetzen. Das Schönste war „Hinterm Berg“. (Das Stück von 2014 über die NS-Zeit in Gerlingen und das KZ in Leonberg, Anm. d. Red.) Es hat mich am längsten von allen beschäftigt, mit so vielen Rückmeldungen wie nie. „Das schwierigste Stück“ gab es nicht. Jedes Stück hat eine schwierige Phase: Kurz vor der Premiere, wenn ich alles, was wir erarbeitet haben, in die Hände der Schüler lege, die dann zehn Minuten später die Bühne betreten.
Frau Weizmann, welche Intention als Pädagogin steckt hinter Ihrem Entschluss, die Theater-AG zu übernehmen?
Theater ist eine tolle Gelegenheit, in jungen Jahren viel über sich selbst herauszufinden. Man kann Rollen ausprobieren, man lernt den eigenen Körper kennen, auf Leute schnell zu reagieren. Und man lernt, als Gruppe zu agieren und zu erkennen, wie ich selbst auf Menschen wirke. Das finde ich das Spannendste. Ich kann als Lehrerin den Schülern zeigen, dass ich Ihnen wahnsinnig viel zutraue und dass sie selbst viel Verantwortung übernehmen können. Was Michael gerade gesagt hat: Ich gebe das Stück an euch ab – und ihr könnt das. Damit kann man Jugendliche stark machen.
G-8-Gymnasiasten sind zeitlich extrem belastet, dann kommt die Theater-AG als Kür noch obendrauf. Was bringt es den jungen Menschen, dabei mitzumachen?
Weizmann: Der Unterricht ist oft sehr rational, viel geht über den Intellekt. Hier in der Theater-AG ist es eine ganz andere Art zu arbeiten. Für das Körperlich-Emotionale hat man in den „normalen“ Fächern wenig Raum. Das Eintauchen in eine ganz andere Welt kann ein super Ausgleich sein.
Volz: Es ist positiver Stress. Jeder in der Gruppe merkt, dass sein Teil wichtig ist. Und die 13-Jährigen können plötzlich mit den Abiturienten und umgekehrt.
Weizmann: Und es gibt keine Noten.
Was wünschen Sie sich denn gegenseitig zum Ein- und Ausstieg?
Volz: Dass du deine Theater-AG machst und nicht mich als Vorbild nimmst. Und dazu viel Kreativität und ein gutes Händchen.Weizmann: Dass du gelassen loslassen und mit Freude zuschauen kannst.