Die Windkraft soll Stuttgart künftig im größeren Stil dienen: Die Stadtwerke planen acht Windräder auf dem Schwäbischen Wald zwischen dem Remstal und Welzheim. Foto: dpa

Bis zum Jahr 2020 will die Landeshauptstadt den Strombedarf ihrer heute rund 303.000 Haushalte aus erneuerbaren Energien gewinnen. Das könnten nach einer Schätzung der Stadtwerke rund 180 moderne Windräder bewerkstelligen. Die ersten acht sollen über dem Remstal bei Welzheim entstehen.

Stuttgart/Welzheim - Die Stadtwerke Stuttgart handeln seit Februar mit Ökostrom, den sie von den EWS Elektrizitätswerken Schönau beziehen und der aus Wasserkraftwerken in Norwegen stammt. „Aus neueren Kraftwerken“, wie Stadtwerke-Sprecher Markus Vogt betont, damit kein Zweifel daran aufkommt, dass der Strom „100-prozentig klimaneutral“ sei. Das städtische Unternehmen produziert aber noch keinen Ökostrom, weshalb es höchste Zeit für die ersten Projekte wird. Schließlich sollen die rund 850 Millionen Kilowattstunden, die alle Stuttgarter Haushalte aktuell pro Jahr verbrauchen, bis 2020 aus eigener Produktion stammen.

Den ersten Schritt machten die Stadtwerke kürzlich: Sie teilten mit, dass sie zusammen mit den Stadtwerken Heidenheim und der WEBW Windenergie Baden-Württemberg GmbH einen Windpark im Welzheimer Wald planen. Stadtwerke-Geschäftsführer Michael Maxelon begründet, warum die Pläne zu einem sehr frühen Zeitpunkt bekanntgegeben werden: „Ein transparenter Prozess ist uns wichtig. Wir wollen die Bürger bei der Entwicklung des Windparks intensiv beteiligen.“

In der Gegend zwischen Welzheim auf der Höhe und Urbach sowie Plüderhausen an der B 29 im Remstal könnte Maxelon die Arbeit schnell ausgehen. Im Rahmen der öffentlichen Anhörung zu seinem Windkraftkonzept gingen beim Verband Region Stuttgart zu dem Höhenzug keine nennenswerten Zuschriften ein. Zum Vergleich: Der Sturm der Entrüstung über einen von den Stadtwerken Waiblingen geplanten Windpark auf der Buocher Höhe im vorderen Remstal brachte rund 2000 ablehnende Briefe. Der Bürgermeister der 11 000-Einwohner-Stadt Welzheim, Thomas Bernlöhr, berichtete den Stuttgarter Nachrichten von „positiver Resonanz“. Sogar die Größe der geplanten Windräder mit rund 140 Meter Nabenhöhe lässt Bernlöhr gelten, weil der Betreiber eines 2004 nordöstlich von Welzheim errichteten Windrads mit 97 Meter Gesamthöhe „gerade so mit einer schwarzen Null rauskomme“. Bernlöhr weiter: „Bei der Windenergie sind Kompromisse mit Blick auf die Windausbeute nicht angemessen.“ Rund um Welzheim sollen insgesamt elf neue Anlagen entstehen.

Pachtvertrag für die 1500 Hektar Wald mit dem Forstbetrieb des Landes abschließen

Die Stadtwerke Stuttgart haben mit den Partnern aus Heidenheim, die zurzeit ein Projekt nach dem anderen im Bereich regenerative Energien starten, und der WEBW einige Hausaufgaben zu erledigen: Laut Vogt muss zunächst einmal der Pachtvertrag für die 1500 Hektar Wald mit dem Forstbetrieb des Landes abgeschlossen werden. Die Landestochter hatte die Windkrafternte ausgeschrieben, das Konsortium hatte sich daraufhin beworben. Die Stadtwerke Stuttgart, so Markus Vogt, hätten sich „gegen zahlreiche Bewerber“ durchgesetzt. Danach stehen Gespräche mit Umweltverbänden und Informationsveranstaltungen für die Bürger im Welzheimer Wald an. Naturschutzrechtliche Gutachten etwa zu den Luftwegen von Zugvögeln oder Nistplätzen von geschützten Arten gilt es ebenso zu beauftragen wie konkrete Windmessungen, die an anderen Standorten schon mal ein Jahr dauern. Außerdem will das Trio Kooperationen mit Energiegenossenschaften vorbereiten, damit sich Bürger direkt an den Anlagen beteiligen können.

Allerdings muss das Areal erst noch für Windkraftanlagen freigemacht werden. Die Regionalversammlung will ihr Konzept mit ursprünglich 96 Standorten im ganzen Ballungsraum im Herbst dieses Jahres verabschieden. Bei der öffentlichen Anhörung von Bürgern und Institutionen waren bis Ende 2012 rund 3000 Einwendungen gegen einzelne Standorte beim Regionalverband eingegangen. Außerdem muss die Region Stellungnahmen zu Naturschutzfragen, zum Wetterradar oder zu Themen der Flugsicherung einarbeiten. Die Stadtwerke haben etwa den Standort Bernhartshöhe am Autobahnkreuz Stuttgart so gut wie verworfen, weil die Flugsicherung laut Vogt Bedenken hat. Flugzeuge, deren Navigation ausfällt, sollen sich beim Sichtflug an der A 8 orientieren. Dabei soll kein 200-Meter-Windrad im Weg stehen. Die Stadtwerke haben allerdings auch außerhalb der Region weitere Standorte im Auge.