OB Fritz Kuhn Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Bei den Bemühungen, in Stuttgart die Energiewende herbeizuführen, kann die Verwaltung unter OB Fritz Kuhn (Grüne) mit großer Hilfe durch den Gemeinderat rechnen. Die Fraktionen signalisieren Mithilfe; das Papier des Oberbürgermeisters lässt bei ihnen aber Wünsche offen.

Stuttgart - Der CDU und der Linken sind "noch zu wenig Ideen, Visionen und Emotionen" im Spiel. Kuhn und die Verwaltung müssten „noch eine Schippe drauflegen“, forderte Alexander Kotz (CDU), als der Umweltausschuss am Dienstag die Beratungen über Kuhns Konzept eröffnete. Kotz spielte dabei die parteipolitische Karte und sagte, von einem grünen OB hätte man gerade hier zentrale neue Ideen erwartet.

Kuhn machte deutlich, dass bei einer großangelegten Bürgerbeteiligung der Entwurf noch optimiert werden soll, desgleichen bei den weiteren Beratungen im Rathaus. Dabei würden die Fraktionen aber Verpflichtungen eingehen, aus denen sie sich bei den Etatberatungen Ende 2015 nicht davonschleichen dürften. Am Dienstag ließ freilich niemand erkennen, dass er das vorhätte.

Kuhn machte deutlich, wie er die Urbanisierung der Energiewende – also Ausstieg aus dem Atomstrom, weniger Energieverbrauch, weniger Ausstoß von Klimagasen und dafür Einsatz von erneuerbaren Energien in der Großstadt – umfassend vorexerzieren will. Eine Schlüsselfunktion komme dabei den Stadtwerken zu. Sie sollen in den Wohnquartieren mit gasbetriebenen Blockheizkraftwerken Strom und Nahwärme erzeugen. Beginnen will er mit dem Aufbau dort, wo es bisher keine Wärmenutzung gibt, wie in den Filderbezirken. Dort könne man schon loslegen, während man an anderer Stelle noch um den Zugriff auf die bisher von der EnBW betriebenen Wärmeleitungen ringt: in den Bezirken entlang der Trasse von Altbach/Neckar bis Stuttgart-Münster.

Kuhn und Kämmerer Michael Föll (CDU) untersuchen, wie man Gelder für die Investitionen beschafft. Beispielsweise durch eine Anleihe, bei der die Stadt oder die Stadtwerke den privaten Geldgebern eine Rendite garantieren. Anlageformen mit 2,5 oder drei Prozent Rendite würden heute angesichts der niedrigen Bankzinsen doch förmlich gesucht, sagte Kuhn. Viele Menschen in Stuttgart wüssten nicht, was sie mit ihrem Geld tun sollten. Damit die energetische Sanierung von Privathäusern endlich in Schwung kommt, hofft Kuhn, dass die Bundesregierung steuerliche Anreize schafft. Ohne sie werde gar nichts gehen, meinte Jürgen Zeeb (Freie Wähler). Nicht einmal steuerliche Anreize, sagte Matthias Oechsner (FDP), könnten helfen, weil manche keine Kredite mehr bekämen. Er hatte von Kuhn „Ideen für die Kapitalbeschaffung“ eingefordert.

Peter Pätzold (Grüne) meinte, endlich gehe man mit dem Energiekonzept „in die Fläche“. Bei früheren Leuchtturmprojekten – unter OB Schuster (CDU) – sei nicht viel herausgekommen. „Die Lichter gingen wieder aus. Jetzt sollen viele kleine Lichter die Stadt beleuchten.“ Hans H. Pfeifer (SPD) hätte sich mehr Mut in dem Sinn gewünscht, dass man sich 1000 Blockheizkraftwerke in den nächsten Jahren vornehme. Christoph Ozasek (Linke) sagte, man dürfe den Status quo nicht schönreden. Aber die Strukturen für die Energiewende seien in Stuttgart da.

Dem Ziel, bis 2020 den Anteil der erneuerbaren Energien auf 20 Prozent zu erhöhen und den Energieverbrauch um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, bis 2050 um 50 Prozent, widersprach niemand. Ozasek plädierte sogar für 25 Prozent bis 2020. Ob man um 20 Prozent in allen Bereichen ringe oder sich auf Felder mit großen Einspareffekten konzentriere, müsse man noch bereden, meinte Kotz. Er sprach von „Geschichtsklitterung“, weil Kuhn so tue, als habe es Erfolge bei der Energieeinsparung bisher nur bei öffentlichen Gebäuden gegeben. Zeeb rief Kuhn ebenfalls zur Ordnung: „Auch vor Ihrer Amtszeit konnten wir das Wort Energieeinsparung schon schreiben.“

Wissen, was wichtig ist – abonnieren Sie hier den StN-Newsletter