Windräder am Abendhimmel: Die Förderung von Solar- und Windstrom soll umgekrempelt werden Foto: dpa

Die Förderung erneuerbarer Energien ist ein Erfolgsmodell – allerdings ein ziemlich teueres. Nun wird das System umgekrempelt. Was ändert sich? Wichtige Fragen und Antworten:

Stuttgart - Wie ist die Ökostromförderung in Deutschland bislang organisiert?
Bislang beruht die Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland auf folgendem Prinzip: Die Anlagenbetreiber erhalten über die Dauer von 20 Jahren feste Vergütungen für jede erzeugte Kilowattstunde Strom. Mit den Erträgen können sie den Kaufpreis der Anlagen sowie die laufenden Kosten refinanzieren und dabei sogar noch Gewinne einfahren. Die Kosten werden über einen Aufschlag im Strompreis – die sogenannte EEG-Umlage – auf alle deutschen Stromverbraucher übergewälzt. Diese bezahlten dafür im vergangenen Jahr rund 23 Milliarden Euro. Auf die Kilowattstunde Strom gerechnet bedeutet dies einen Aufschlag von 6,17 Cent – bei einem Gesamtpreis von etwa 28 Cent je Kilowattstunde.
Was sind die Vorteile dieses Systems?
Über diesen im Erneuerbare-Energiengesetz (EEG) aus dem Jahr 2000 festgeschriebenen Mechanismus ist es gelungen, einen wahren Boom erneuerbarer Energien in Deutschland anzuschieben. Mittlerweile stammen rund 33 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass es in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren gelungen ist, eine komplett neue Infrastruktur zur Energieerzeugung aufzubauen. Zusammengenommen kamen im Jahr 2014 laut Monitoringbericht der Bundesregierung alle Ökokraftwerke der Republik auf eine Nennleistung von 90 Gigawatt. Fossile Kraftwerke brachten es noch auf gut 94 Gigawatt, die verbliebenen Kernmeiler auf gut 12 Gigawatt. Der deutsche Kraftwerkspark ist also schon knapp zur Hälfte grün. Der Investitionsschub ist auch weltweit zu spüren. Durch die deutschen Milliardenförderung ist ein globaler Markt insbesondere für Solaranlagen und Windräder entstanden, von dem auch die deutsche Industrie profitiert.
Warum wird dieses System nun verändert?
Die jährlichen Förderkosten von mehr als 20 Milliarden Euro haben Verteilungskonflikte und eine nicht mehr endende Kostendiskussion provoziert. Diese will die Politik nun beenden und die Förderung günstiger und effizienter gestalten.
Wie sieht das neue Fördersystem aus?
Die Bundesregierung wird Zielgrößen für den jährlichen Neubau von Ökoenergieanlagen definieren. Die entsprechenden Mengen werden ausgeschrieben. Diejenigen Anbieter, die zum geringsten Preis anbietet, kommen zum Zug. Um die nationalen Ökoenergie-Ziele zu erreichen – 40 bis 45 Prozent Anteil Ökoenergien in der Stromproduktion bis 2025 – werden nach jetzigem Stand ab 2017 pro Jahr 0,5 Gigawatt Fotovoltaikleistung ausgeschrieben. Dazu kommen 2,9 Gigawatt Windanlagen an Land und 0,8 Gigawatt Windräder auf offener See.
Was ändert sich für Privatleute?
Für bestehende Anlagen bleibt alles beim alten. Hier gilt der Bestandsschutz. Kleine und mittlere Solaranlagen – darunter fallen auch Dachanlagen auf Einfamilienhäusern – sollen weiterhin in den Genuss der fixen Vergütungen kommen. Gleiches gilt für Windräder mit maximal einem Megawatt Leistung, also ausschließlich Kleinwindräder.
Was ist die Kritik?
Die meisten Ökoenergieverbände haben sich trotz anfänglicher Kritik mit dem Systemwechsel abgefunden. Allerdings befürchten viele, dass die Energiewende ihren Charakter als Bürgerprojekt verliert. Der Grund: Um zu berechnen, wann sich der Bau einer Windanlage oder eines Solarparks lohnt, sind umfangreiche Vorplanungen nötig, die von Bürgerinitiativen oder Einzelpersonen kaum geleistet werden können. Große Energieversorger dagegen verfügen über die nötigen Ressourcen. Außerdem fürchten Bundesländer mit Schwachwindstandorten, etwa Baden-Württemberg, dass sie im Rennen um Investoren abgehängt werden. Allerdings haben sie in den kommenden Monaten noch Zeit, ihre Bedenken in den Gesetzgebungsprozess einzubringen.