Die EnBW steigt aus dem Geschäft mit Großkunden aus. Foto: dpa

Der Ausstieg der EnBW aus dem Großkundengeschäft ist bislang ohne Beispiel in Deutschland. Einiges deutet darauf hin, dass hausgemachte Probleme für den Rückzug verantwortlich sind.

Karlsruhe - Der Ausstieg des Karlsruher Konzerns EnBW aus dem prestigeträchtigen Geschäft mit Großkunden könnte Nachahmer finden. „Es ist wahrscheinlich, dass weitere Energieversorger diesen Schritt gehen“, sagte Tobias Federico, Geschäftsführer des Berliner Energiemarkt-Analysehauses Energy-Brainpool unserer Zeitung. Das Geschäft mit großen Energieabnehmern zeichne sich durch „den Verkauf großer Mengen aber auch durch niedrige Gewinnspannen aus“, sagte der Experte. Nur wer organisatorisch sehr gut aufgestellt sei, verdiene noch Geld.

Am Dienstag hatte Deutschlands drittgrößter Energieversorger angekündigt, sich mit seinen Marken Watt und EnBW aus der Belieferung von Großabnehmern mit Strom und Gas zurückzuziehen. Davon unberührt sind nach Auskunft eines Unternehmenssprechers vom Freitag die Aktivitäten diverser Firmentöchter oder Beteiligungen, etwa der Stadtwerke Düsseldorf oder des Gas-Großhändlers GVS aus Stuttgart. Der Schritt, sei nötig geworden, weil sich das Geschäft nicht mehr wirtschaftlich betreiben lasse und auch kein „hinreichendes Wachstumspotenzial“ mehr biete.

Bundesweit ist der Schritt, der in der Branche für erheblichen Wirbel sorgte, einzigartig. Keiner der übrigen deutschen Großversorger hat dem Markt, der bei der EnBW jährlich Umsätze von etwa 2,5 Milliarden Euro einfährt, bislang ade gesagt.

Großkunden – Viel Menge, wenig Rendite

Vor einigen Jahren entschied sich allerdings der Schweizer Energieversorger BWK Energie – ähnlich wie die EnBW jetzt – zum Rückzug aus dem deutschen Großabnehmer-Markt. Das Geschäft mit Konzernen, Stadtwerken und Mittelständlern gilt als deutlich wettbewerbsintensiver als dasjenige mit Privatkunden. Letztere wechseln ihre oftmals zu teueren Versorger deutlich langsamer als Firmen. Wer nicht effizient ausgestellt sei, bekomme Probleme. Bei der EnBW war das Insidern zufolge der Fall. Aus der Branche heißt es, der Karlsruher Konzern sei bei seinen Großkundenangeboten „von den Kostenstrukturen recht teuer“ gewesen. Die Angebote hätten nicht den Erfordernissen des Marktes entsprochen. In den vergangenen Jahren waren der EnBW schon Großkunden wie Daimler oder Georgsmarienhütte abgesprungen. Mehrfach hat EnBW-Konzernchef Frank Mastiaux in der Vergangenheit angekündigt, jeden Bereich auf seine Profitabilität hin abzuklopfen und nicht rentable Bereiche zur Disposition zu stellen. Zuletzt sagte Mastiaux auf der EnBW-Hauptversammlung im Mai „wir müssen nachlegen“. Die Wirkung der bisherigen Spar-Bemühungen, in deren Folge die Kosten im Konzern um rund 1,2 Milliarden Euro zusammengestrichen wurden, reichten nicht mehr aus. Bezogen auf das Basisjahr 2011 hat die EnBW bereits rund 1800 Vollzeitstellen, etwa in der Verwaltung oder im Kraftwerksbereich, abgebaut. Allerdings wurden an anderen Stellen, etwa im Netzbereich, auch Jobs geschaffen.

Dass mehr als 400 Stellen gestrichen werden, scheint sicher

Die jetzige Entwicklung wird wiederum weitreichende Auswirkungen auf die Beschäftigung im Konzern haben. Nach einem Bericht der „Heilbronner Stimme“ könnten mehr als 1000 Stellen bei EnBW bedroht sein. Fest seht, dass der Konzern im Rahmen eines neuen, 250 Millionen Euro schweren Kostensenkungsprogramms 400 Stellen streichen wird. Ein Sprecher räumte aber ein, dass „mit Sicherheit weitere Personalmaßnahmen notwendig“ sein dürften. Details nannte er nicht. Auch die Gewerkschaft Verdi geht von weiteren Einschnitten aus. „Weiterer Personalabbau“ sei nicht auszuschließen, sagte ein Verdi-Sprecher unserer Zeitung. Betriebsbedingte Kündigungen seien aber weiterhin ausgeschlossen.

Die Stimmung unter den EnBW-Beschäftigten indes sinkt. Man sei „massiv enttäuscht“, dass die Betriebsräte des 20 000-Mitarbeiter-Konzerns im Vorfeld der Entscheidung nicht eingebunden worden seien, heißt es in einem dieser Zeitung vorliegenden Schreiben der Gewerkschaft Verdi. Zwar sei Wandel in der unter wirtschaftlichem Druck stehenden Energiebranche unumgänglich, allerdings müssten die Betroffenen eingebunden werden. Die Informationspolitik der EnBW sei „falsch“ und „nicht korrekt“ gewesen.