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Die Menschen kaufen sich immer mehr und immer größere Geräte – kein Wunder, dass die Stromrechnung nicht kleiner wird. Besonders viel Energie verbrauchen Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik.

Stuttgart - Bei der Herstellung von Elektrogeräten wird seit Jahren auf Energieeffizienz geachtet. Neuere Geräte verbrauchen inzwischen sehr viel weniger Strom als früher. Kühlschränke sind beispielsweise inzwischen um bis zu 70 Prozent effizienter als noch vor zehn Jahren. Die neuen Energiesparlampen verbrauchen rund 90 Prozent weniger Strom als Glühbirnen. Strom wird deswegen trotzdem nicht weniger verbraucht, sondern mehr – und das, obwohl die Strompreise immer weiter steigen, jährlich um etwa vier Prozent. Im kommenden Jahr voraussichtlich sogar um zehn Prozent.

Das liegt daran, dass die Menschen immer mehr elektronische Geräte haben. „Der Ausstattungsgrad hat sich insgesamt erhöht“, sagt Dietlinde Quack, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Öko-Institut Freiburg. Zudem werden Fernseher, Kühlschränke und Kaffeemaschinen immer größer und pompöser. Inzwischen starrt kaum mehr jemand in einen kleinen 16-Zoll-Fernsehbildschirm – stattdessen stehen große Flachbildfernseher hoch im Kurs. „Es ist eine Verschiebung“, sagt Quack. „Alles wird effizienter, aber die Energieeinsparungen werden von immer mehr und immer größeren Geräten relativiert.“ Allein 2011 verbrauchte ein durchschnittlicher Haushalt mit drei Personen 31 Kilowattstunden mehr als noch im Vorjahr.

Werner Scholz, Geschäftsführer des Bereichs Haushaltsgeräte des Zentralverbandes Elektrotechnik und Elektroindustrie (ZVEI), führt den Anstieg im Stromverbrauch vor allem auf die Geräte im Unterhaltungs- und Kommunikationsbereich zurück. „Fast jedes Kind hat inzwischen einen eigenen Computer“, sagt Scholz. In vielen Haushalten fänden sich eine Playstation, eine ausgefeilte Soundanlage und vieles mehr. Die Ausstattung in diesem Bereich habe sich extrem ausgeweitet. „In vielen Haushalten gibt es Zweit- und Drittfernseher.“ Das bestätigt auch der Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (Bitkom). Derzeit stünden durchschnittlich 1,7 Flachbildfernseher in jedem Haushalt.

Haushaltsgeräte haben eine Lebensdauer von bis zu 17 Jahren

Energiesparpotenzial gibt es sowohl bei Unterhaltungs- und Kommunikationsgeräten als auch im Haushalt. Viele Menschen haben beispielsweise noch alte ineffiziente Waschmaschinen und Trockner. „Die Haushaltsgeräte haben eine Lebensdauer von 12 bis 17 Jahren – da werden nicht so schnell neue gekauft“, berichtet Scholz vom ZVEI, obwohl bei der Stromrechnung mit einem neuen Kühlschrank zwischen 50 und 70 Euro im Jahr gespart werden könnten. Stehe allerdings ein Neukauf an, so werde schon auf Energieeffizienz geachtet, sagt Claus Bartel, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie. „Die Kennzeichnung des Energieverbrauchs durch Labels beeinflusst die Entscheidung von Käufern sehr.“

Während bei Haushaltsgeräten schon lange auf Effizienz geachtet wird, beginnt im Bereich der Unterhaltungs- und Kommunikationsgeräte diese Entwicklung erst jetzt. 2011 wurde ein Label für Fernseher eingeführt. „Die neuen Geräte verbrauchen deutlich weniger Strom als die alten Röhrenfernseher“, berichtet Bartel. Sehr gute Geräte hätten bei einer Bilddiagonale von einem Meter einen Verbrauch von nur 60 Watt. Nach Angaben des ZVEI hat sich der Energieverbrauch von Fernsehgeräten in den vergangenen fünf Jahren um ungefähr 50 Prozent verringert. Die Flachbildfernseher mit LCD-Technik verbrauchten deutlich weniger Strom als die alten Röhrenfernseher. Wären sie nicht dreimal so groß, hätte das auch einen Einfluss auf die Energiebilanz. In Zukunft werden wohl weitere Produkte mit dem Label versehen werden, so Scholz. „In drei bis vier Jahren hat der Stromverbrauch dann die Spitze erreicht“, sagt er – einerseits, weil bald auch bei der Herstellung von Computern, Druckern und Playstation auf Energieeffizienz geachtet werde, und andererseits, weil die Leute genügend Geräte hätten. „Die große Sättigung der Haushalte ist noch nicht eingetreten.“

Branchenverband Bitkom rechnet mit wachsendem Markt für Unterhaltungs- und Kommunikationsgeräte

Ob die Leute tatsächlich einmal genug von den Luxus- und Spaßgeräten haben werden, ist fraglich. Laut dem Branchenverband Bitkom wächst der Markt für die Unterhaltungs- und Kommunikationsgeräte eher. Allein in diesem Jahr werden nach Angaben des Fachverbandes wohl rund 10,2 Millionen Flachbildfernseher verkauft – ein Rekordabsatz. Der werde im kommenden Jahr auf 10,3 Millionen ansteigen. Zudem kommen dank technologischer Entwicklung immer neue Geräte auf den Markt. Neu sind beispielsweise die sogenannten Home-Server. Sie dienen der Automatisierung des Wohnraums. Verschiedene Haushaltsgeräte können mit ihnen vernetzt werden. So lässt sich beispielsweise von unterwegs noch der Herd abstellen oder die Wohnung vorheizen, bevor man nach Hause kommt. Auch die neuen Geräte verbrauchen Strom. Wahrscheinlich ist aber, dass diese Geräte irgendwann die gleiche Entwicklung nehmen wie Waschmaschinen und Trockner.

Die steigenden Strompreise scheinen die Menschen bisher nur wenig zu stören. Der Trend zu immer mehr Geräten sei da, sagt Dietlinde Quack vom Öko-Institut Freiburg – dass er sich umkehre, „sehe ich bisher noch nicht“. Die Strompreise würden weiter steigen, sagt Bartel. Der Verbraucher gewöhne sich daran. „Man denkt vielleicht kurz über den Stromverbrauch nach, wenn die Rechnung über eine Nachzahlung kommt, aber das ist bei vielen schnell vergessen“, sagt Bartel. Die enorme Erhöhung der Strompreise um zehn Prozent im kommenden Jahr könnte das allerdings ändern.

Die bisherigen Preissteigerungen um jährlich rund vier Prozent hätten kaum einen Effekt gezeigt, so Bartel. „Es ist wie beim Autofahren“, stellt Scholz fest. „Alle jammern über

hohe Spritpreise, aber auf der Autobahn sind immer noch genauso viele unterwegs.“