Bald könnte fast die Hälfte des Strompreises vom Staat bestimmt werden - Südwesten günstig.

Stuttgart - Steuern und Abgaben sind laut einer Studie die Hauptpreistreiber beim Strom. In der Vergangenheit habe der Gesetzgeber "eher zu steigenden als zu sinkenden Preisen beigetragen", heißt es in einer Studie des Leipziger Instituts für Energie (IE), die der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) gestern vorgestellt hat.

Demnach haben sich seit dem Jahr 2000 staatlich verursachte Preisbestandteile um über 80 Prozent erhöht. Besonders ins Gewicht fällt dabei derzeit die Mehrwertsteuer, die aktuell 16 Prozent am Bruttostrompreis von etwa 23,5 Cent je Kilowattstunde ausmacht. Andere Posten sind die Stromsteuer (rund neun Prozent), die in die Rentenkassen fließt. Die derzeit viel diskutierte EEG-Umlage, mit der der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert wird, macht ebenfalls rund neun Prozent am Strompreis aus. Ihre Erhöhung im kommenden Jahr hatten viele Stromversorger, darunter der baden-württembergische Platzhirsch EnBW, zum Anlass genommen, die Tarife ebenfalls nach oben anzupassen. Insgesamt, so die IE-Studie, summiere sich der Staatsanteil am Strompreis mittlerweile auf 41,5 Prozent. Perspektivisch könne er auf 45 Prozent steigen. Allein in diesem Jahr fließen aus Steuern und Abgaben auf Strom laut IE rund 17 Milliarden Euro in die Staatssäckel.

Aber auch die Energieunternehmen langen nach wie vor ordentlich zu. Preisbestandteile, die auf die Unternehmen und den Markt zurückzuführen sind - etwa die Erzeugungskosten in den Kraftwerken oder der Vertrieb - haben sich laut IE im selben Zeitraum um immerhin 60 Prozent erhöht.

Alles in allem führe das dazu, dass die Haushalts-Strompreise in Deutschland rund ein Drittel über dem EU-Niveau liegen, sagte IE-Geschäftsführer Werner Bohnenschäfer.

Mit Blick auf tendenziell weiter steigende Stromtarife forderte Landeswirtschaftsminister Ernst Pfister, insbesondere die Fördersätze für erneuerbare Energien müssten "auf den Prüfstand gestellt werden". Gegebenenfalls müsse die sehr kostspielige Solarförderung noch schneller sinken. Fördersätze von 15 bis 20 Cent je Kilowattstunde eingespeiste Sonnenenergie hält Pfister hier für realistisch. Jahrelang war Sonnenstrom mit etwa 50 Cent gefördert worden, aktuell betragen die Solarboni je Kilowattstunde etwa 30 Cent. Die längere Nutzung von Atomkraft, wie sie derzeit geplant ist, wirkt sich Pfisters Meinung nach dämpfend auf die Preisentwicklung aus.

Im Bundesvergleich zahlen die Baden-Württemberger allerdings moderate Tarife. Laut IE belegt das Land hier mit einem Strompreis von gut 21 Cent hinter Hamburg und Berlin den dritten Platz.

Gas ist in Deutschland derzeit etwa ein Zehntel teurer als anderswo in der EU. Im innerdeutschen Vergleich lande der Südwesten mit 5,9 Cent je Kilowattstunde auf dem fünften Platz im Länderranking.

Pfister forderte die Verbraucher auf, Preise zu vergleichen und teure Energieanbieter zu wechseln. Seit der Liberalisierung der Energiemärkte im Jahr 1998 haben rund 62 Prozent der Haushalte ihren Tarif oder Versorger gewechselt. Bei Gas ist der Wettbewerb schwächer ausgeprägt.