Der neue Energieausweis kommt nicht bei jedem gut an. Foto: Mierendorf

Für die einen schafft er mehr Transparenz, für die anderen macht er die Sache nur komplizierter. Am 1. Mai kommt der neue Energieausweis.

Künftig muss jeder, der ein Gebäude oder eine Wohnung vermieten oder verkaufen will, spätestens bei der ersten Besichtigung dem Käufer oder Mieter einen Energieausweis vorlegen. Macht er das nicht, drohen empfindliche Bußgelder bis zu 15 000 Euro. Geregelt ist das in der Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV), die am 1. Mai bundesweit in Kraft tritt. Die Ausstellung von sogenannten Energie- oder Wärmebedarfsausweisen ist bei Neubauten schon seit 1995 vorgeschrieben. Bei der Vermietung oder dem Verkauf einer Immobilie hatten potenzielle Käufer oder Mieter bereits seit dem Jahr 2008 das Recht, die Vorlage eines Energieausweises vom Eigentümer, Vermieter oder Verkäufer einzufordern. Seit 2009 war der Energieausweis auch bei allen übrigen Wohngebäuden Pflicht, sofern eine Vermietung oder ein Verkauf ansteht.

Mit der Neuregelung beabsichtigt der Gesetzgeber, den Wärmeschutz beim Wohnungsbau für den Verbraucher genauso transparent zu machen wie bei technischen Geräten oder Autos, wo es schon lange an der Tagesordnung sei, mit einem sparsamen Energieverbrauch zu werben. Durch die Vorgaben der Energieeinsparverordnung beim neuen Energieausweis werde die Energieeffizienz von Wohngebäuden, aber auch anders genutzten Gebäuden künftig auf dem Immobilienmarkt eine viel größere Rolle spielen. Im Prinzip ist der Energieausweis eine Sammlung von Daten über die Energieeffizienz eines Gebäudes. Der Energieausweis gibt laut Ministerium Anhaltspunkte für eine grobe Schätzung der künftig anfallenden Energiekosten für eine Wohnung oder ein Haus.

Das Objekt muss vorher genau begutachtet werden

Künftige Mieter oder Käufer könnten diese Informationen in ihre Miet- oder Kaufentscheidung einfließen lassen und sich angesichts steigender Energiepreise für eine sparsame Immobilie entscheiden, heißt es auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das sieht man bei den Haus- und Grundeigentümerorganisationen ganz anders. Für Ottmar H. Wernicke, Geschäftsführer von Haus & Grund Württemberg, hat der neue Energieausweis nur eine bedingte Aussagekraft. 'Die Sache wird komplizierter, bringt aber nicht den gewünschten Effekt', kritisiert der Rechtsanwalt. Nach wie vor sei es vernünftiger, wenn sich Käufer einer Immobilie mit einem Architekten oder Bauingenieur das zu erwerbende Objekt vorher genau anschauen.

Und Mieter sollten sich vom Vermieter oder Makler die zurückliegenden Nebenkostenabrechnungen vorlegen lassen. 'Davon hat der Einzelne mehr als von einem Papier, das nur sehr grobe theoretische Werte enthält', sagt Wernicke. Zwar räumt auch der Haus-&-Grund-Geschäftsführer ein, dass die Einstufung der Immobilien in sogenannte Effizienzklassen von A+ bis H eine Orientierung gebe, das funktioniere aber nur bei den Spitzenwerten. Liege der Wert in der Mitte, sage das dem Verbraucher genauso wenig wie die Angaben in Kilowattstunden zur Endenergie. Der kWh-Wert sei einfach noch nicht in der Lebenswirklichkeit der Bürger angekommen. Der Stuttgarter Mieterverein hält es für wichtig, wenn potenzielle Mieter wissen, mit welchen Belastungen sie bei den Energienebenkosten tatsächlich rechen müssen. 'Es gibt immer wieder Objekte, bei denen die Angaben zu den Vorauszahlungen nicht stimmen und die Mieter im Nachhinein mit hohen Nachzahlungen konfrontiert werden', sagt Angelika Brautmaier, Geschäftsführerin vom Stuttgarter Mieterverein.

Vielleicht würde der eine oder andere potenzielle Mieter darüber nachdenken, ob er das Objekt zu den angebotenen Konditionen überhaupt nimmt, wenn er von Anfang an wüsste, dass es sich bei dem Haus oder der Wohnung um eine Energieschleuder handele. Den Hinweis von Haus & Grund, sich die letzten Nebenkostenabrechnungen zeigen zu lassen, hält sie für einen guten Ansatz. Allerdings gebe es auch hier keine 100-prozentige Sicherheit, da jeder Mieter ein anderes Energieverhalten habe. Ein Ansatzpunkt sei es aber allemal. Auf jeden Fall will der Stuttgarter Mieterverein ab dem 1. Mai Stichproben machen, wie Vermieter die neuen Regelungen für den Energieausweis in Zusammenhang mit den Vorgaben der Energieeinsparverordnung umsetzen.

Dabei soll nicht nur durch Mitgliederbefragungen geprüft werden, wie die Vermieter mit den neuen Regelungen umgehen oder ob das Thema in Anbetracht des engen Marktes eher etwas leger angegangen wird. Der Mieterverein will sich ab dem 1. Mai auch die Inserate in den Tageszeitungen und Anzeigenblättern genauer anschauen. Wer inseriert, muss nach dem Willen des Gesetzgebers auch in den Offerten künftig über die Art des Energieausweises, den Energiekennwert und die Art der Heizung informieren.