Wärmebild eines Hauses. Deutlich zu sehen sind Bereiche, in denen besonders viel Wärme nach außen entweicht (rot). Besonders die Dämmung von Fenstern und Fassaden spart Energie. Foto: dpa-tmn

Keinen Anspruch auf Mietminderung, wenn die Bauarbeiten Ziel dienen, Energie einzusparen.

Berlin - Das erste Quartal 2013 soll den großen Durchbruch bringen. Ab dann soll die energetische Modernisierung von Wohnraum so richtig in Fahrt kommen. Dazu beitragen soll neben finanziellen Anreizen für den Vermieter auch ein neues Mietrecht. Das Bundeskabinett hat bereits eine Reform verabschiedet, die im Spätherbst vom Bundestag verabschiedet werden soll.

Hintergrund sind die ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung: Bis zum Jahr 2050 soll der Primärenergiebedarf um 80 Prozent reduziert werden – und damit auch die schädlichen CO2-Emissionen. 40 Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs und ein Fünftel aller CO2-Emissionen entfallen auf Gebäude. Hier zu einem sparsameren Verbrauch zu kommen, ist also ein Schlüsselprojekt. Nimmt man dazu, dass von den 40 Millionen Wohnungen in Deutschland 24 Millionen Mietwohnungen sind, kann man durchaus auf die Idee kommen, dass das Mietrecht hier eine wichtige Stellschraube sein kann.

Die Mietrechtsreform bringt für Mieter und Vermieter hier einige Veränderungen: Die wichtigste ist, dass ein Anspruch auf Mietminderung durch Bauarbeiten bei energetischen Modernisierungen erst nach drei Monaten geltend gemacht werden kann. Dieser neue Tatbestand der energetischen Sanierung umfasst alle Maßnahmen, die zur Energieeinsparung beitragen, etwa den Einsatz von Solartechnik für die Wasserbereitung. Wohlgemerkt, der dreimonatige Ausschluss der Mietminderung gilt nicht für andere Baumaßnahmen, etwa die Renovierung eines Bades. Auch neu: Der Beginn der Modernisierung kann sich im neuen Recht nicht mehr dadurch verzögern, dass ein Mieter geltend macht, die Umlage der Modernisierungskosten stelle eine unzumutbare Härte für ihn dar. Nun kann sofort modernisiert werden, der Mieter-Einwand wird erst später, nach Abschluss der Maßnahme im Zuge des Verfahrens zur Mieterhöhung, geprüft. Es bleibt aber auch künftig bei dem Grundsatz, dass die Kosten der Modernisierung mit jährlich höchstens 11 Prozent auf die Miete umgelegt werden können.

Derzeit wird jährlich etwa ein Prozent des Wohnbestands energetisch saniert

Die Frage ist, ob diese Neuregelungen tatsächlich einen Boom auslösen. Derzeit wird jährlich etwa ein Prozent des Wohnbestands energetisch saniert. Zur Umsetzung der Klimaschutz-Ziele wäre die doppelte Quote notwendig. Michael Hennrich glaubt an eine Wende. Der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Nürtingen ist Vorsitzender von Haus und Grund im Südwesten. „Das kann eine Blockade lösen“, glaubt er. Bislang sei bei den Hausbesitzern im Land die Grundstimmung gewesen: „Wir warten auf die Politik.“ Wenn jetzt gehandelt wird, „werden sich die Bremsen lösen“, sagt er voraus. Auch Rolf Kornemann, Präsident von Haus und Grund Deutschland, sieht das so: Das geltende Mietrecht stelle Vermieter, die ihre Wohnung energetisch aufrüsten wollen, „vor beträchtliche Hürden“. Die Bundesregierung habe sich „mit dem Entwurf des Mietrechtsänderungsgesetzes nun endlich dazu bekannt, einige Hemmnisse zu beseitigen.“

Muss man sich wundern, dass man das beim Mieterbund ganz anders sieht? Dessen Präsident Franz-Georg Rips macht folgende Rechnung auf: Die energetische Sanierung koste rund 300 Euro pro Quadratmeter. In einem 10-Familien-Haus mit 70-Quadratmeter-Apartments gebe es eine Fläche von 700 Quadratmetern. Die Modernisierung koste also 210.000 Euro. Mindere davon – nach altem Recht – ein Mieter seine Miete um 20 Prozent, die in Deutschland im Schnitt 600 Euro betrage, seien das in drei Monaten 360 Euro. Machten das sogar zwei Mieter, käme man auf 720 Euro. Rips: „Glaubt denn irgendjemand, ein Eigentümer würde seine Investitionsentscheidung über 210.000 Euro von dieser Summe abhängig machen?“. Deshalb glaubt Rips, „dass es der Politik nur um den Abbau von Mieterrechten geht.“

atsächlich gibt es auch bei Haus und Grund Zweifel

Wer hat recht? Eine objektive Einschätzung des Effekts der Mietrechtsreform sollte die Bundesvereinigung Bauwirtschaft haben. Deren 300.000 angeschlossene Betriebe sollen ja vom erhofften Boom profitieren. Dort ist man pessimistisch. „Ich bezweifle, ob das die Modernisierungswelle auf breiter Flur auslöst“, sagt Sprecherin Ilona Klein. Sie hält es für „das entscheidende Hemmnis, dass es bei der 11-Prozent-Grenze bei der Umlage der Kosten auf die Miete bleibt“.

Tatsächlich gibt es auch bei Haus und Grund Zweifel. Der Verband hat gerade untersuchen lassen, wann sich die energetische Modernisierung lohnt. Das Ergebnis wird der Politik nicht gefallen. Präsident Kornemann fasst es so zusammen: „Eine energetische Modernisierung rechnet sich derzeit in der Regel nur, wenn das Gebäude ohnehin umfangreich saniert werden muss und es sich in einem relativ schlechten energetischen Zustand befindet.“ Eine ökonomische Betrachtung dürfte zu Skepsis bei Hausbesitzern führen. Kornemann: „Ausschließlich energetisch zu modernisieren lohnt sich für Hauseigentümer meist nicht, da die meisten ausgetauschten Bauteile eigentlich noch funktionstüchtig und damit werthaltig sind. Die Vernichtung dieser Werte muss den Kosten der Modernisierung hinzugerechnet werden. Die eingesparten Energiekosten übersteigen die Investitionskosten dann erst nach mehreren Jahrzehnten.“ Das soll natürlich auch eine politische Botschaft senden: Es braucht mehr Anreize – steuerliche Absetzbarkeit etwa. Ein leidiges Thema. Die Bundesregierung will das, aber die Bundesländer wollten bislang nicht auf Steuereinnahmen verzichten. Am Mittwoch nächster Woche tagt mal wieder der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Die Zeichen stehen diesmal auf Einigung.