Spekulationen um Abschied des EnBW-Chefs. Land weist Gerüchte um OEW-Geschäft zurück.

Stuttgart - Offiziell stand die EnBW am Mittwoch nicht auf der Tagesordnung des Landtags, und doch war die bevorstehende Demission von Vorstandschef Hans-Peter Villis das beherrschende Diskussionsthema auf den Fluren des Landesparlaments. „Da muss etwas passiert sein, dass beide Seiten dem Villis plötzlich den Stuhl vor die Tür gesetzt haben“, sagt ein erfahrener Parlamentarier zu der Tatsache, dass tags zuvor die beiden Hauptanteilseigner des Energiekonzerns – also die grün-rote Landesregierung und die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) – den Stab über Villis gebrochen hatten. Immerhin hatte die OEW seit Wochen im Unterschied zur grün-roten Landesregierung dem Vorstandschef den Rücken gestärkt und sich für seine Vertragsverlängerung über September 2012 hinaus ausgesprochen.

Doch die grün-rote Koalition versucht alles, um den Verdacht eines Koppelgeschäfts zu zerstreuen. Man habe den Manager nicht aus dem Unternehmen gemobbt, versicherte Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD) am Mittwoch im Landtag. Und es gebe mit der OEW auch keine Vereinbarung, wonach das Land nach dem Rückzug von Villis nun für eine 400 Millionen Euro teure Kapitalerhöhung zur Verfügung stehe, wie sie Villis stets erbeten hatte. „Eine Verbindung dieser beiden Umstände wäre Spekulation“, sagte Rust. Finanzminister Nils Schmid (SPD) hatte tags zuvor angekündigt, letztendlich müsse der Landtag eine solche Finanzspritze genehmigen. Nach Informationen unserer Zeitung will sich Grün-Rot für diesen Fall das Geld am Kapitalmarkt besorgen. „Im Haushalt ist dafür kein Spielraum“, heißt es zur Begründung.

Villis dürfte die Debatte mit Verwunderung registrieren. Er hatte bekanntlich am Dienstag mitgeteilt, er stehe für eine Vertragsverlängerung nicht mehr zur Verfügung. Ob der 53-jährige Manager allerdings seinen Fünf-Jahres-Vertrag wirklich bis September 2012 erfüllen wird, gilt intern als immer unwahrscheinlicher. „Es ist davon auszugehen, dass er wohl spätestens im Frühjahr seinen Posten räumt“, hieß es am Mittwoch aus landespolitischen Kreisen. Auch bei der EnBW wird dies erwartet. „Er ist doch ab sofort Lame Duck“, also eine sogenannte lahme Ente, wie solche Konstellationen stets umschrieben werden. Ein Sprecher von Villis wollte am Mittwoch auf entsprechende Gerüchte für einen vorzeitigen Amtsverzicht nicht eingehen und verwies auf die Mitteilung des Aufsichtsrats, der am Dienstag erklärt hatte, es bestehe „gegenseitiges Einvernehmen, dass Herr Villis seine Aufgaben als Vorstandsvorsitzender ungeachtet der Ankündigung erfüllt“.

Bei den Mitarbeitern gehen die Diskussionen um Villis’ Verzicht aber erst richtig los. „Alle sind erleichtert, dass die Entscheidung nun getroffen ist und man die Freiheit hat, einen Nachfolger zu suchen“, sagen die einen. „Niemand will jetzt eine Hängepartie“, warnen andere vor einer monatelangen Ungewissheit um die Besetzung des Vorstandspostens.

Der neue Chef müsse „einen Stallgeruch zum Land haben und Erfahrungen auf dem Energiesektor mitbringen“, umschreiben Dritte das Anforderungsprofil. Mit Spannung wird erwartet, welche Rolle der scheidende Konzernchef in den nächsten Wochen einnehmen wird: Macht er seinen Job weiter oder versucht er Schuldige für seinen Abgang mitzureißen? Ein Stimmungsbild darüber könnte es nächste Woche geben. Dann treffen sich die Führungskräfte des Konzerns in Karlsruhe zum „Top-Management-Meeting“ mit Villis und seinen Vorstandskollegen. „Der Termin steht schon seit Wochen fest“, sagen Insider, nun aber erhalte er eine neue Bedeutung. -