EnBW-Chef Frank Mastiaux präsentiert auf der Hauptversammlung schlechte Zahlen, erntet aber keinen Proteststurm der Aktionäre. Foto: dpa

Der Energiekonzern EnBW kann auf verständnisvolle Aktionäre bauen, auch wenn die Geschäfte nicht besonders gut laufen. Die Frage ist nur: wie lange noch, kommentiert Eva Drews.

Karlsruhe - Wir machen das schon.“ Mit diesem Slogan wirbt die Energie Baden-Württemberg (EnBW) seit einem Jahr. Wir sind vorne dran, will der Konzern damit sagen, und: Vertrauen Sie uns. Zu beiden Aussagen hat das Unternehmen, das einmal zu den ganz Großen der Energiebranche in Europa zählen wollte, unbedingt Anlass. Vertrauen wiederzugewinnen und die Öffentlichkeit – und vor allem seine Eigner – zu überzeugen, dass man den Herausforderungen der Energiewende gewachsen ist und langfristig bestehen kann, stellt für den EnBW-Chef Frank Mastiaux und seine Leute eine bittere Notwendigkeit dar.

Nach wie vor ist der ehemalige Atomriese, der noch immer mit dem Ruf kämpft, überheblich zu agieren, auf einem schwierigen Weg: Die wirtschaftlichen Kennzahlen geben Anlass zur Sorge – der Kompromiss zur Entsorgung des Atommülls hat zu einem Milliardenverlust im vergangenen Jahr geführt. Die Schulden sind gestiegen und das Eigenkapital ist auf ein so bedenkliches Niveau gesunken, dass ein Aktionärsvertreter bei der Hauptversammlung am Dienstag sogar provokant das Wort Insolvenz in den Mund nahm. Nun: So schlimm ist es eindeutig noch nicht.

Mit Strom ist kaum mehr Geld zu verdienen

Gleichzeitig bleiben die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen schwierig. Mit Strom ist kaum mehr Geld zu verdienen, selbst im Bereich der erneuerbaren Energien sinken die Margen in Zeiten, in denen der Wettbewerb um das günstigste Angebot die einst rentablen Einspeisevergütungen ablöst. Und die Renditen im Netz begrenzt die Bundesnetzagentur.

Mastiaux setzt darauf, den Konzern angesichts dieser Misere schlank aufzustellenund mit den Erneuerbaren und den Netzen auf diejenigen Sparten zu setzen, deren Geschäft zumindest weiter bestehen wird. Abgesehen davon hat er die Parole ausgegeben, zu neuen Ufern aufzubrechen. Dazu zählen Telekommunikation genauso wie Elektromobilität und neuartige Vertriebsmodelle, bei denen die Verbraucher die Erzeugung gemeinsam mit Nachbarn ein Stück weit selbst in die Hand nehmen.

Das große Geschäft, wie es in Zeiten zentraler Energieversorgung selbstverständlich war, ist nicht in Sicht. Stattdessen müssen Energieversorger heute Nischen besetzen, auf individuelle Kundenbedürfnisse eingehen und sich viel seltener um das große Umspannwerk kümmern als um die einzelne Steckdose – beispielsweise um die in der Garage des E-Mobil-Besitzers.

Mastiaux verkauft die Strategie glaubwürdig

In diesem Sinne erfüllt die EnBW ihren Slogan, so gut es geht. Der früher unbewegliche Riese verfolgt eine Fülle kleinerer und größerer Projekte und glänzt beispielsweise als dasjenige Unternehmen in Deutschland, das den ersten Windpark im Meer bauen will, der gänzlich ohne staatliche Förderung auskommt. Kurz vor Ostern hat die EnBW dafür den Zuschlag der Bundesnetzagentur erhalten. In Frank Mastiaux hat der Konzern zudem einen Vorstandschef, der es begnadet versteht, die Ernsthaftigkeit der EnBW-Bemühungen glaubwürdig zu machen. Selbst die sonst kritischen Aktionärsvertreter schien er bei der Hauptversammlung zu überzeugen.

Wäre die EnBW einfach nur ein großer Regionalversorger, würde man sagen: „Die machen das schon.“ Mit rund 20 000 Mitarbeitern und als große Landesbeteiligung aber wird der Konzern, wird Mastiaux mehr als ein gutes Gefühl liefern müssen. Am Dienstag war im Karlsruher Kongresszentrum keine Kritik an der ausbleibenden Dividende zu vernehmen. Aber es fragt sich, wie lange die Anteilseigner – das Land und der Landkreiseverbund Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) – auf Einnahmen aus Karlsruhe verzichten werden und können. Auf ihre finanzielle Hilfe über den Verzicht hinaus wird die EnBW sicher nicht hoffen können. Der Konzern muss alleine zurechtkommen. Der Druck auf die Manager in Karlsruhe ist also groß.