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Notheis, der wegen des EnBW-Deals immer mehr unter Druck gerät, tritt vorerst zurück.

Stuttgart/Frankfurt  - Der Deutschlandchef der weltweit zweitgrößten Investmentbank Morgan Stanley, Dirk Notheis, zieht erste Konsequenzen aus der massiven Kritik an seiner Rolle beim EnBW-Deal. Der 44-jährige Vertraute von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zieht sich vorübergehend von seinem Posten zurück. „Dirk Notheis hat den Aufsichtsrat darüber informiert, eine Auszeit zu nehmen“, sagte eine Sprecherin der Investmentbank am Montag in Frankfurt.

Notheis soll beim Rückkauf der Anteile am Energiekonzern EnBW Ende 2010 Mappus gesteuert und den Kaufpreis nicht richtig ermittelt haben. Die grün-rote Landesregierung wirft Mappus vor, er habe deshalb mit 4,7 Milliarden Euro zu viel für die 45 Prozent an der EnBW gezahlt. Ein Untersuchungsausschuss versucht derzeit, die Umstände des Deals aufzuklären. Grün-Rot prüft zudem, ob Notheis auf Schadenersatz verklagt werden kann. Auch Mappus hatte Ende 2011 wegen der Vorwürfe in der EnBW-Affäre seinen Job als Manager beim Pharmakonzern Merck aufgegeben.

Über Dauer der Auszeit noch nichts bekannt

Die Führungsaufgaben in Deutschland und Österreich werde mit sofortiger Wirkung der Aufsichtsratsvorsitzende von Morgan Stanley, Lutz Raettig übernehmen, hieß es. Die operativen Aufgaben des Tagesgeschäfts werden von den übrigen Mitgliedern des Vorstands wahrgenommen. Zur Dauer von Notheis' Auszeit teilte die Bank zunächst nichts mit. Dem Vernehmen nach soll Notheis sogar am Wochenende seinen Rückzug angeboten haben. Zuletzt war er wegen eines brisanten Mail-Verkehrs unter Beschuss geraten. Notheis hatte in einer E-Mail an den Morgan-Stanley-Chef Frankreich den Kaufpreis als „mehr als üppig“ bezeichnet. Außerdem soll Notheis verhindert haben, dass andere Banken den Kaufpreis überprüfen. Zudem drohte er dem französischen Staatskonzern EDF damit, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) - von ihm „Mutti“ genannt - eingreifen könne, wenn die Verhandlungen weiter stockten.

Der Bankchef war bereits Ende März vom Untersuchungsausschuss des Landtags vernommen worden. Erst im Juni reichte Morgan Stanley Mails ihres Deutschlandchefs aus der Zeit der Verhandlungen nach. Notheis und Mappus kennen sich aus Zeiten der Jungen Union. Während der etwas ältere Mappus seine politische Karriere weiterverfolgte, wechselte der gebürtige Ettlinger Mitte der 90er Jahre in die Wirtschaft. Er blieb aber bis 2011 im CDU-Landesvorstand. 1999 kam Notheis zu Morgan Stanley, zehn Jahre später wurde er Deutschlandchef. Er zeichnete unter anderem für die Börsengänge der Postbank und Air Berlin verantwortlich. Den Job als Berater der Landesregierung beim geheimen EnBW-Deal bekam er ohne Ausschreibung. Sein Honorar betrug 12,8 Millionen Euro plus Mehrwertsteuer.

Grüne: Rückzug erster Schritt

Die Grünen-Fraktion sieht in Notheis' zeitweisen Rückzug einen ersten Schritt. „Die Enthüllungen aus dem Untersuchungsausschuss des Landtags haben die Gräben zwischen Bürgerschaft, Parlament und der Finanzwelt weiter vertieft, denn Notheis hat das Bild des gierigen Managers wieder bedient“, erklärte Obmann Uli Sckerl. Sein SPD-Kollege Andreas Stoch nannte Notheis' Entscheidung „halbherzig“. Der Banker sei offensichtlich nicht in der Lage Verantwortung zu übernehmen. Morgan Stanley müsse sich auf für die „peinlichen Missgriffe“ ihres Deutschlandchefs in den E-Mails entschuldigen, forderte Sckerl. Zudem müsse die Bank eine aktive Rolle bei der Aufklärung der Affäre übernehmen. Notheis' Auszeit ändere auch nichts „an der politischen Verantwortung des ehemaligen Ministerpräsidenten Mappus für die Transaktion.“

Stoch ergänzte, der CDU werde es nicht gelingen, die Verantwortung allein Notheis zuzuschieben. Mappus hatte das Geschäft im Dezember 2010 mit großer Eile und am Landtag vorbei durchgezogen, angeblich weil EDF darauf bestand. Er nutzte dabei das Notbewilligungsrecht des Finanzministers. Nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima geriet der Atomstromer EnBW stark in Bedrängnis. Wegen des politisch angeordneten raschen Ausstieg aus der Kernenergie schreibt das Unternehmen tiefrote Zahlen. Im Herbst 2011 erklärte der Staatsgerichtshof in Baden-Württemberg den Deal wegen der Ausschaltung des Parlaments für verfassungswidrig. Daraufhin nahm Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) seinen Hut, weil er als Finanzminister unter Mappus mitverantwortlich war.