Hat Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus zu viel für die EnBW-Anteile bezahlt? Foto: dpa

Der Untersuchungsausschuss des Landtags zur Aufklärung des EnBW-Deals schien fast am Ende. Nun erhält das Gremium neue Arbeit. Was dabei herauskommt, ist völlig offen.

Stuttgart - Auf dem Kalender sind noch Weihnachtsferien, der große politische Betrieb in Stuttgart ruht eigentlich noch bis nächste Woche. Am Donnerstag aber war es mit der Ruhe dann doch vorbei. Die Nachricht, dass sich der Münchner Finanzwissenschaftler Wolfgang Ballwieser in seinem Gutachten zum Wert der Energie Baden-Württemberg (EnBW) um eine Milliarde Euro verrechnet haben könnte, der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) im Dezember 2010 womöglich gar nicht zu viel Geld für den Rückkauf der EnBW-Anteile an den französischen Energiekonzern EdF bezahlt hat und es auch sonst manche Ungereimtheiten im Gutachten gibt, elektrisiert dann doch die politische Szene.

Einer der ersten , der sich zu Wort meldet, ist Heinz Seiffert, Landrat im Alb-Donau-Kreis und Chef der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) – jenem Zweckverband, der wie das Land 46 Prozent an der EnBW hält. Seiffert hatte wiederholt betont, dass er den damals von Mappus bezahlten Kaufpreis von 41,50 Euro pro Aktie für richtig gehalten habe. Wenn der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Henner Schierenbeck (Basel) in einem neuen Gutachten nun genau zu diesem Ergebnis komme, fühle er sich vollauf bestätigt. „Bei einem solchen Aktiengeschäft“, so Seiffert, gebe es „immer eine Fülle von Faktoren, die bei der Preisbewertung zu Buche schlagen“.

Schierenbeck hat in seiner diese Woche bekannt gewordenen Analyse festgestellt, dass der Eigenkapitalwert pro EnBW-Aktie damals zwischen 46,42 und 51,83 Euro gelegen habe, der von Mappus bezahlte Preis also angemessen gewesen sei. Zur Erinnerung: Ballwieser, der Anfang Dezember 2013 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart sein Gutachten vorgelegt hatte, war zum Ergebnis gekommen, dass der Wert bei maximal 34,58 Euro lag und Mappus deshalb 780 Millionen Euro zu viel an die EdF bezahlt habe. Vor diesem Hintergrund klagt Grün-Rot ab 20. Januar gegen die EdF vor dem Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Zürich auf Rückzahlung dieser Summe.

Welches Gutachten stimmt denn nun?

Welches Gutachten aber stimmt denn nun? Während Ballwieser am Donnerstag der „Stuttgarter Zeitung“ sagte, er sei überzeugt, dass seine Untersuchung zutreffend ist, behauptet Schierenbeck das selbe von seiner Analyse. Der Aufklärungsdruck für den EnBW-Untersuchungsausschuss des Landtags also wächst. Der CDU-Landtagsabgeordnete Alexander Throm sagt, man müsse „allen an uns herangetragenen Hinweisen nachgehen und sie überprüfen“. Ähnlich sieht das der FDP-Landtagsabgeordnete Andreas Glück. Es gelte, nun nicht nur wie geplant Ballwieser am 31. Januar im Untersuchungsausschuss zu hören, man müsse dabei auch die nunmehr aufgetretenen Kritikpunkte an seinem Gutachten aufarbeiten. „Wir fordern, dass alle Fraktionen einen Beweisantrag unterstützen, auch Herrn Schierenbeck im Untersuchungsausschuss anzuhören.“ Sollten die Regierungsfraktionen das ablehnen, „käme das dem Beweis gleich, dass sie nicht aufklären wollen“.

Die Bemerkung des FDP-Politikers fiel nicht ohne Grund. Sowohl Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) als auch Sascha Binder (SPD) hatten zuvor Schierenbecks Analyse als „Parteigutachten“ kritisiert und gemutmaßt, offenbar wollten die Anwälte damit ihren Mandanten Dirk Notheis aus der Schusslinie nehmen. Notheis hatte als damaliger Chef der Investmentbank Morgan Stanley für Mappus den EnBW-Deal gemanagt. Gegen beide sowie andere Beteiligte des Geheim-Geschäfts ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des Verdachts der Untreue.

OEW-Chef Seiffert warnte derweil am Donnerstag, die Debatte eskalieren zu lassen und das Image der EnBW weiter zu belasten. Dass Grün-Rot wiederholt den Vorwurf erhoben habe, Mappus habe einen zu hohen Kaufpreis an die EdF bezahlt und dabei das Ballwieser-Gutachten als Beleg angeführt, sei für ihn zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar gewesen: „Ich war von Anfang an etwas verwundert, wie einige das Gutachten offenbar als eine Art 11. Gebot angesehen haben“, so Seiffert. Vor dem Hintergrund der Schierenbeck-Analyse forderte der OEW-Chef deshalb das Land zum Einlenken auf: „Ich bin nicht Berater der Landesregierung, aber man sollte den Kaufpreis endlich akzeptieren, das Beste aus dem Geschäft machen und sich ausschließlich auf die Sacharbeit konzentrieren.“