Hat er gelogen oder nicht? Baden-Württembergs ehemaliger Ministerpräsident Stefan Mappus. Foto: dapd

EdF-Konzern korrigiert seine Aussagen und stärkt Ex-Regierungschef Mappus wieder den Rücken.

Stuttgart - Heute so, morgen anders: Das Verwirrspiel über die Art und Weise, wie es zum Wiedereinstieg des Landes beim Energiekonzern EnBW kam, geht weiter. Als Reaktion drohen die Grünen nun mit einem Untersuchungsausschuss.

Es bedarf keiner allzu großen Fantasie, sich vorzustellen, dass am Freitag einige Telefondrähte geglüht haben. Der Grund ist denkbar einfach. Am Donnerstag hatte eine Sprecherin der französischen Electricité de France (EdF) in Paris auf Nachfrage unserer Zeitung betont, man habe im Dezember 2010 beim Verkauf der EnBW-Anteile an das Land Baden-Württemberg keineswegs auf den sogenannten Parlamentsvorbehalt bestanden. Sprich: Die EdF habe nicht die Bedingung gestellt, dass sie das Aktienpaket im Wert von knapp fünf Milliarden Euro nur dann an Baden-Württemberg verkaufe, wenn der Landtag zuvor nicht eingeschaltet sei. Die Aussage aus Paris war freilich das völlige Gegenteil jener Version, die der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) bisher stets vertreten hatte. Plötzlich also stand der Verdacht im Raum, Mappus habe gelogen.

Am Freitag kam die Kehrtwende aus Paris. Nun stützt der französische Staatskonzern doch die Version des früheren Ministerpräsidenten. Eine Sprecherin sagte am Freitag zur Absprache zwischen Mappus und EdF-Chef Henri Proglio: "Wir haben zu unserer Stellungnahme vom 15. Februar 2011 nichts hinzuzufügen, nach der die EdF ein bedingungsloses Angebot verlangt hat und für die Transaktion keine Bedingung akzeptiert hätte außer einer kartellrechtlichen Überprüfung." Als Konsequenz aus dieser Sichtweise hatte der CDU-Regierungschef das Milliarden-Geschäft im Dezember am Landtag vorbei eingefädelt. Der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg hatte dies neulich als Verfassungsbruch eingeordnet, der damalige Finanzminister Willi Stächele, inzwischen Landtagspräsident, war daraufhin zurückgetreten.

Mappus wehrt sich: "ehrabschneidend"

Wie aber kommt es binnen 24 Stunden zu zwei völlig unterschiedlichen Darstellungsweisen aus Paris? Dafür gab es am Freitag keine schlüssige Erklärung. Das Klima jedenfalls scheint vergiftet. Nach der neuen EdF-Version am Donnerstag hatte SPD-Finanzminister Nils Schmid noch gesagt: "Wenn das stimmt, dann hat Mappus einen gezielten Verfassungsbruch herbeigeführt."

Die Reaktion von Mappus fiel am Freitag entsprechend wütend aus: " Ich sage ganz klar, ich halte diese Vorwürfe für ehrabschneidend." Die Behauptung, er habe mit Vorsatz Rechtsbruch begangen, sei unseriös. "Es ist klar und eindeutig und wird auch immer so sein, dass die EdF einen Parlamentsvorbehalt nicht akzeptiert hat", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Nach Proglios Ankündigung, nur einen Geheim-Deal zu akzeptieren, habe er Expertisen eingeholt, ob das Land beim Kauf der EnBW-Anteile den Landtag umgehen dürfe oder nicht. Juristen hätten den Rechtsweg aufgezeigt, über das Notbewilligungsrecht des Finanzministers das Parlament auszuhebeln. Stächele hatte in der Nacht vom 5. auf 6. Dezember 2010 dieser Bitte entsprochen.

Mappus zeigte sich am Freitag enttäuscht über die Entwicklung. "Es geht in der Diskussion nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um Personen. "Und ich sag' es auch ganz offen: Ich bin nicht mehr bereit, diese Vorgehensweise gegen meine Familie und mich zu akzeptieren. Das hat nichts mehr mit politischer Auseinandersetzung zu tun." Als Reaktion forderte CDU-Landeschef Thomas Strobl am Freitag Finanzminister Schmid auf, sich für den "ungeheuerlichen Vorwurf" des bewussten Verfassungsbruchs durch Mappus zu entschuldigen: "Wir erwarten, dass dieser bösartige Vorwurf zurückgenommen wird."

Grünen-Landtagsfraktionschefin Edith Sitzmann sagte, "die Zeit der Märchenstunde ist jetzt endgültig vorbei". Sie forderte - wie zuvor bereits CDU-Fraktionschef Peter Hauk - alle an dem Deal beteiligten Personen auf, die Karten auf den Tisch zu legen. "Je länger gezögert wird, umso mehr drängt sich die Frage auf, was noch alles ans Tageslicht kommen kann." Zugleich erneuerte Sitzmann die Drohung der Grünen, den Fall durch einen Untersuchungsausschuss im Landtag aufklären zu lassen.