Foto: dapd

Scheidender Konzernlenker zieht Bilanz und kritisiert Verhalten von Grün-Rot: "Ich habe mir keine Fehlentscheidungen vorzuwerfen"

Stuttgart - Der scheidende Vorstandschef der Energie Baden-Württemberg (EnBW), Hans-Peter Villis, hat eine positive Bilanz seiner fünfjährigen Amtszeit gezogen und Kritik am Verhalten der grün-roten Landesregierung geäußert: „Ich habe mir keine unternehmerischen Fehlentscheidungen vorzuwerfen. Insofern kann ich mit geradem Rücken das Unternehmen verlassen“, sagte Villis im Interview den Stuttgarter Nachrichten (Donnerstagausgabe). Der 54-Jährige gibt zum 1. Oktober sein Amt an der Spitze des drittgrößten deutschen Energiekonzerns an den bisherigen Eon-Manager Frank Mastiaux ab.

Villis hatte Ende 2011 angekündigt, für eine weitere fünfjährige Amtszeit nicht zur Verfügung zu stehen. Zuvor hatte die neue Regierung ihm wiederholt vorgehalten, er stehe für das Kernkraftzeitalter und sei nicht geeignet, die EnBW mit ihren 21.000 Mitarbeitern in das Zeitalter der erneuerbaren Energien zu führen. „Das hat mich schon getroffen und auch traurig gemacht, weil es nicht stimmt“, sagt Villis dem Blatt. Er habe „nie ein Hehl daraus gemacht, dass ich dieses Unternehmen gerne weitere fünf Jahre geführt und weiter in die Energiewende begleitet hätte“.

Der scheidende EnBW-Chef sieht das Unternehmen für die Zukunft gut gerüstet. Die Umsetzung der internen Reformen sei auf gutem Weg. „Wir haben bis Ende 2011 bereits 190 Millionen Euro realisiert und machen weiter sehr gute Fortschritte.“ Mit Blick auf den geplanten Abbau von 1600 Stellen schloss Villis betriebsbedingte Kündigungen aus: „Wir werden die Leute nicht rausschmeißen.“ Dank der von den Hauptanteilseignern Land und Oberschwäbischen Elekrtizitätswerken (OEW) beschlossenen Kapitalerhöhung von 820 Millionen Euro sei „die Zukunft der EnBW auf lange Zeit gesichert“. Villis warnte zugleich vor überzogenen Erwartungen bei der Energiewende in Deutschland: "Ich stehe voll und ganz hinter der Energiewende, sage aber auch: Man muss einen machbaren Kurs fahren und darf den Menschen nichts vormachen. Die Umstellung von der Atomkraft zur Energiegewinnung aus Sonne, Wasser und Wind geht nicht von heute auf morgen."

Trotz der Abschaltung der Atomkraftwerke und dem schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien zeigte sich Villis überzeugt, dass die Energieversorgung im Land im kommenden Winter gesichert ist. „Es wird keine Blackouts geben. Zusammen mit der Bundesnetzagentur haben wir Vorsorge getroffen. Außerdem wird nach derzeitigem Stand das Bundeswirtschaftsministerium die Versorger verpflichten, eine Notreserve an Kraftwerken vorzuhalten.“ Alte Kraftwerke dürften "also nicht mehr von Netz“. Nur wenn es einen „extrem kalten Winter gibt, kann es zu Engpässen kommen“.