Der Fassade der EnBW wurde ein kompletter Kahlschlag verpasst. Ob es neues Grün geben wird, ist fraglich. Foto: Maier, Schlegel

Während die Stadt wegen des Feinstaubs eine Mooswand an der Cannstatter Straße errichtet, entfernt die EnBW unweit ihr komplettes Grün von der Fassade. Der Grund dafür ist der Brandschutz.

Stuttgart - Dieser Tage wird in Stuttgart vor allem Geld in die Hand genommen, um mehr Grünflächen in der Feinstaubhauptstadt zur pflanzen. Zum Beispiel in der Cannstatter Straße, wo die Stadt gerade eine Mooswand entsteht, die dazu beitragen soll, dass die Luft sauberer wird. Kontraproduktiv nur, dass gleichzeitig die EnBW parallel dazu am Stöckach ihre Grünflächen komplett von der Fassade reißt. Kostenpunkt: 10 000 Euro. Verantwortlich für die Maßnahme ist der Brandschutz.

„Da die Bepflanzung der Fassade aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters trocken und verknöchert war, bestand die Gefahr, dass ein Brand auf andere Stockwerke hätte übergreifen können“, sagt Hans-Jörg Groscurth, Pressesprecher der EnBW in Stuttgart. Das habe ein aktualisiertes Brandschutzkonzept ergeben, das die EnBW zusammen mit dem städtischen Baurechtsamt erstellen ließ. Allerdings gab es keine direkte Weisung städtischerseits, das Grün zu entfernen. „Brandschutzrechtliche Forderungen wurden von uns nicht erhoben“, sagt Sven Matis, ein Sprecher der Stadt.

Womöglich keine Neubegrünung

Der Energiekonzern denke derzeit zwar über eine geeignete Ersatzpflanzung nach. „Da diese aber wiederum aufgrund des Brandschutzes besonderen Auflagen entsprechen muss, gibt es dazu noch keine konkrete Entscheidung“, so Groscurth weiter. Möglicherweise wird es also keine Neubegrünung geben.

Die Rückschnittarbeit wurden am Dienstag beendet, rund eine Woche haben die Maßnahmen gedauert. Aus Sicht, am Feinstaub-Brennpunkt Neckartor für sauberere Luft zu sorgen, sicher nicht zielführend.

Auch die 100 Meter lange Mosswand mit einer Gesamtfläche von 400 Quadratmetern, deren Fundamente seit vergangene Woche unweit errichtet wurden und die bis Mitte März fertig sein soll, wirkt durch Entfernung des Grüns an der Fassade der EnBW etwas konterkariert. So empfinden es Beobachter, die sich wundern, dass an zwei Baustellen in unmittelbarer Nähe in die entgegengesetzte Richtung gearbeitet wird. „Schade um das schöne Grün in der Stöckachstraße“, findet eine Leserin unserer Zeitung.

Moos als Staubfänger

Dabei gilt das Moos als der deutlich effektivere Staubfänger – im Gegensatz zu der Chinesischen Wisteria, die die Fassade der EnBW zierte. Zumindest sagen das Laborversuchen der Universität Stuttgart. Der Praxistest, ob ähnlich gute Ergebnisse sich auch in der Umgebung der B 14 erzielt werden, steht noch aus.

Verwendet werden zwei Moos-Arten: das Hornzahnmoos und das Graue Zackenmützenmoos. Beide wurden eigens für den Versuch gezüchtet. Für den Pilotversuch investiert die Stadt 388 000 Euro. Bei der Mooswand handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt des Amts für Umweltschutz, des städtischen Tiefbauamts und mehreren Instituten der Uni Stuttgart sowie des staatlichen Museums für Naturkunde Baden-Württemberg.

Diesel-Fahverbot löst Debatten aus

Ganz scheinen sich Stadt und Land nicht darauf zu verlassen, dass etwas Moos dem Feinstaubproblem in Stuttgart Herr werden kann. Vergangene Woche hat die Landesregierung verkündet, dass es ab 2018 verboten sein wird, auf vielbefahrenen Straßen Diesel-Fahrzeuge nutzen, solange sie nicht den strengsten EU-Umweltrichtlinien genügen.

Grund für den drastischen Schritt sind drohende Strafzahlungen, die auf die Stadt Stuttgart zukommen, wenn die von der EU verordneten Feinstaubwerte nicht eingehalten werden können. Das Diesel-Fahrverbot hat heftige Debatten und harsche Kritik seitens der Automobilindustrie und der betroffenen Fahrzeugbesitzer ausgelöst. Ob es Bestand hat, werden wohl Gerichte zu entscheiden haben.