Der Vorstandsvorsitzende des Energieriesen EDF Henri Proglio in Paris Foto: dpa

Die Ermittlungen in der Affäre um den milliardenschweren EnBW-Deal weiten sich auf Frankreich aus. Im Zuge der Recherchen hat die Polizei in Paris Büros beim Energiekonzern EDF und der Investmentbank Morgan Stanley durchsucht.

Stuttgart/Paris - Die Ermittlungen in der Affäre um den milliardenschweren EnBW-Deal weiten sich auf Frankreich aus. Im Zuge der Recherchen hat die Polizei in Paris Büros beim Energiekonzern EDF und der Investmentbank Morgan Stanley durchsucht. Die Razzia in der vergangenen Woche stand im Zusammenhang mit den Untreue-Ermittlungen gegen Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), sagte ein Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft am Freitag. „Wir suchen nach Beweismitteln, um den Untreueverdacht zu erhärten.“

Es wurden unter anderem Unterlagen im Büro von EDF-Chef Henri Proglio beschlagnahmt, hieß es aus Ermittlerkreisen in Paris. Proglio soll während der von einem Untersuchungsrichter begleiteten Polizeiaktion anwesend gewesen sein. Es habe auch Vernehmungen gegeben. Die deutschen Behörden hatten bereits im Herbst 2012 ein Rechtshilfeersuchen an die französischen Behörden gestellt.

Mappus soll Ende 2010 den Rückkauf von 45 Prozent des Energieversorgers EnBW für 4,7 Milliarden Euro schlecht vorbereitet und dadurch zu viel bezahlt haben. Dem Land könne ein hoher Vermögensschaden entstanden sein, begründet die Anklagebehörde ihre Ermittlungen. Der frühere Regierungschef ist dagegen überzeugt, ausschließlich im Interesse des Landes gehandelt zu haben. Der CDU-Politiker hatte sich bei dem Deal von seinem Freund, dem damaligen Deutschlandchef von Morgan Stanley, Dirk Notheis, beraten lassen. Gegen ihn wird wegen Beihilfe zur Untreue ermittelt.

Nachforschungen richten sich offenbar nicht gegen EDF

Aus Ermittlerkreisen in Paris hieß es, die Nachforschungen richteten sich nicht gegen EDF und hätten nichts mit dem Schiedsgerichtsverfahren der Internationalen Handelskammer zu tun. Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg klagt vor dem Schiedsgericht auf Schadenersatz. Nach einem Gutachten für die Regierung soll Mappus der EDF mindestens 840 Millionen Euro zu viel bezahlt haben. Diesen Betrag soll der französische Staatskonzern zurückzahlen.

Mappus hatte den Aktienkauf von der Electricité de France (EDF) quasi im Alleingang innerhalb weniger Tage am Parlament vorbei durchgezogen. Der Staatsgerichtshof hatte dieses Vorgehen bereits als verfassungswidrig eingestuft. Ein Untersuchungsausschuss befasst sich seit Anfang 2012 mit der Affäre. Grün-Rot wirft Mappus vor, er habe wenige Monate vor der Landtagswahl um jeden Preis einen Coup landen wollen.

Die beiden Regierungsfraktionen erhoffen sich durch das Material aus Frankreich weitere Erkenntnisse für den EnbW-Untersuchungsausschuss. Grünen-Obmann Uli Sckerl sagte auf dpa-Anfrage: „Mögliche Ergebnisse werden sicher in den weiteren Untersuchungen des Ausschusses aufgegriffen.“ Die EdF-Spitze habe sich in der Vergangenheit mehrfach geweigert, zur Aufklärungsarbeit beizutragen. Sein SPD-Kollege, Sascha Binder, erklärte: „Es wird spannend sein, zum ersten Mal etwas von einem bedeutenden Spieler in dem Spiel zu erfahren.“

Der neue CDU-Obmann Alexander Throm erklärte: „Endlich werden wir auch Einblick in die „Black Box“ auf der französischen Verkäuferseite erhalten und zwar nicht nur der EDF, sondern auch der französischen Morgan Stanley.“ Er forderte die französischen Beteiligten an dem Geschäft auf, doch noch vor dem Ausschuss auszusagen. Bereits Mitte 2012 hatten Ermittler Wohnungen und Büros des Ex-Regierungschefs und Notheis durchsucht - unter anderem in Mappus' Heimat Pforzheim und am Sitz der Bank Morgan Stanley in Frankfurt am Main.