Die Elektromobilität ist in aller Munde, und Baden-Württemberg soll Vorreiter auf dem Gebiet werden. Elektrotechnik-Ingenieure, die seit einigen Jahren die Gefragtesten unter den Ingenieuren sind, haben sehr gute Aussichten. Foto: dpa

Durch Elektromobilität dürfte die Zahl der Stellen der Ingenieure weiter nach oben klettern.

Wenn es überhaupt noch Steigerungen zwischen den verschiedenen am Arbeitsmarkt gefragten Ingenieurberufen gibt, dann stehen die Elektrotechnik-Ingenieure wohl ganz oben. Ihre Arbeitslosenquote ist seit Jahren fast durchgängig auf einem Niveau, das einer Vollbeschäftigung gleichkommt, also unter zwei Prozent liegt. Selbst Ende 2009, zur schlimmsten Krisenzeit, lag die Arbeitslosenquote bei nur 2,7 Prozent. Die Elektrotechnik-Ingenieure, so die Bundesagentur für Arbeit (BA) in ihrem 2011 veröffentlichten Bericht zum Jahr 2010, zählten zu den wenigen Akademikern, bei denen die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten schon lange rückläufig sei: Zwischen 2000 und 2010 verzeichnete die Statistik einen Rückgang um mehr als ein Zehntel. Gleichzeitig studieren zu wenig junge Menschen Elektrotechnik. 2011 - so die Schätzung des VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.) - standen knapp 9000 Absolventen der Elektro- und Informationstechnik einem Bedarf von 14.000 bis 16.000 Elektrotechnik-Ingenieuren gegenüber.

„Personalvermittler sind bei den Kandidaten immer flexibler, was zum Beispiel Alter, Herkunft und stellenweise auch Geld angeht. Neben dem EU-Arbeitsmarkt ziehen sie auch Länder wie Indien oder Australien in Betracht”, sagt Michael Schanz, Leiter der Geschäftsstelle des VDE-Ausschusses Beruf, Gesellschaft und Technik. Laut Ingenieurkarriere.de, dem Karriereportal der „VDI Nachrichten”, steigen Elektrotechnik-Ingenieure als Sachbearbeiter mit rund 48 000 Euro Jahresgehalt ins Berufsleben ein. Als Projektmanager kommen sie auf etwa 64 000 Euro, als Teamleiter auf 72 000 Euro.

Analoge Elektronik zu kurz gekommen

Aktuell Bedarf an Elektrotechnik-Ingenieuren haben die Unternehmen vor allem in den Feldern Embedded Systems und Leistungselektronik. Embedded Systems - das sind Rechner, die ein System steuern, regeln oder überwachen - stecken in zunehmender Zahl in Fahrzeugen, medizintechnischen Geräten und Flugzeugen, aber auch in Anlagen und Maschinen. Mancher bezeichnet Autos ob der großen Zahl an Mikroprozessoren, die inzwischen in ihnen arbeiten, scherzhaft als „rollende Laptops”, und so verwundert es nicht, dass auch die Automobilindustrie - vor allem aufseiten der Zulieferer und der Ingenieurdienstleister - einen besonders hohen Bedarf an Elektrotechnik-Ingenieuren hat.

Durch die Energiewende und die Elektromobilität gibt es auch bei der Leistungselektronik und Sensorik einen hohen Bedarf an Spezialisten. „Hier geht es nicht um Bits und Bytes, sondern tatsächlich um Elektronik für analoge Signale oder um Themen wie Signal-zu-Rausch-Verhältnisse und Störfestigkeit”, erläutert Schanz. „Da in den vergangenen zehn, 15 Jahren viele Elektrotechnik-Ingenieure sich auf die boomende Digitaltechnik spezialisiert haben, ist die analoge Elektronik etwas zu kurz gekommen.” Entsprechend gut sind die Chancen von Bewerbern, die sich darauf spezialisiert haben.

Der Bedarf an Elektronik-Ingenieuren wächst weiter

Angesichts dieser technologischen Trends, die in allen Industrie- und Schwellenländern angekommen sind, mag es nicht verwundern, dass viele Unternehmen davon ausgehen, dass ihr Bedarf an Elektrotechnik-Ingenieuren weiter wächst. Zum Beispiel die deutsche Elektroindustrie: Der ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V.) erwartet für die Branche auch in diesem Jahr weiter steigende Umsätze. Der Anteil der Elektrotechnik-Ingenieure liegt in dieser Branche naturgemäß seit Jahren bei über 60 Prozent aller dort beschäftigten Ingenieure. „Es gibt schlicht zu wenige”, so das Fazit von Sonja Dulitz, Referentin in der Abteilung Forschung, Bildung, Fertigungstechnik des ZVEI. „Und die Situation wird sich zwischen 2015 und 2020 weiter verschärfen, wenn von den beschäftigten Elektrotechnik-Ingenieuren viele altersbedingt in den Ruhestand gehen.

Michael Schanz vom VDE stellt jedoch klar, dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt heute trotzdem noch nicht so ist, dass die Unternehmen jeden nehmen: „Der Bewerber muss in puncto Qualifikation und persönlichem Auftreten passen.” Allerdings gebe es in vielen Unternehmen eben offene Stellen, so dass man mit Initiativbewerbungen große Chancen habe.

Und auch für ältere Arbeitnehmer haben sich die Perspektiven verbessert. „Konnten Personalabteilungen es sich vor einem Jahrzehnt noch leisten, einen Elektrotechnik-Ingenieur jenseits der 50 grundsätzlich nicht zum Vorstellungsgespräch einzuladen, zählen heute Qualifikation und Persönlichkeit”, sagt Schanz. Das spiegle sich auch in der Arbeitslosenquote wider, die bei Elektrotechnik-Ingenieuren inzwischen recht gleichmäßig über alle Altersgruppen verteilt sei.

Trotzdem wachsen die Bäume nicht in den Himmel. „Wenn ein großes Unternehmen die Wahl hat, zwei 27-jährige Ingenieure für fast die gleichen Personalkosten einzustellen wie einen einzigen 60-Jährigen, fällt die Entscheidung zugunsten der jungen”, sagt Schanz. „Die Lernkurve, die die jungen Ingenieure zwangsläufig durchschreiten müssen, kostet zwar Geld, aber in einem großen Unternehmen lässt sich das eher kompensieren.” Entscheider in kleinen Unternehmen mögen da anders denken, weil sie Fehler oder Schwächen der Mitarbeiter aufgrund der dünneren Besetzung nicht so einfach kompensieren können.