Der Auspuff als Auslaufmodell? Im Jahr 2050 soll der Verkehrssektor weitgehend emssionsfrei sein. Foto: dpa

Sollen nur noch Elektroautos neu zugelassen werden, um den Pariser Klimavertrag umzusetzen? Ein Bundesratsbeschluss mit Datum 2030 ist mehr politisches Ziel denn Verbotsantrag und noch lange kein geltendes Recht. Die verkürzte Zuspitzung wird nun dennoch politisch ausgeschlachtet.

Berlin - Im Bundesratsgebäude an der Leipziger Straße sind am Montagmorgen zahlreiche Anrufe und E-Mails eingegangen, in denen viele Bürger empört gefragt haben, warum die Bundesländer Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren verbieten wollen. Aufgeschreckt hatte sie die entsprechende Nachricht, die der „Spiegel“ am Wochenende verbreitet hatte. Diese stellt sich jedoch bei genauerer Betrachtung als zwar nicht ganz falsch, aber eben auch als irreführend heraus. Zumindest kann von einem geplanten Verbot keine Rede sein.

Der Ursprung des Bundesratsbeschlusses vom 23. September, in dem sich die umstrittene Passage findet, wonach „spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie PKW zugelassen werden“ sollen, liegt in Paris und Brüssel. So hat die EU-Kommission im Juli Überlegungen dazu veröffentlicht, wie das historische Weltklimaabkommen, Ende 2015 in der französischen Hauptstadt ausgehandelt und an eben jenem 23. September von Deutschland ratifiziert, umgesetzt werden könne. Und weil der Verkehr ein knappes Viertel aller Treibhausgasemissionen verursacht, soll auch dort angesetzt werden.

„In den Mitgliedstaaten“, lautet die Kritik in dem Strategiepapier, „besteht noch immer eine Vielzahl von widersprüchlichen Steueranreizen, die die emissionsarme Mobilität beeinträchtigen.“ Diese nationalen Regelungen, so die Empfehlung aus Brüssel, müssten überprüft werden, um „positive Anreize“ für Elektroautos zusetzen. Von einem möglichen Verbot von Verbrennungsmotoren ist in der EU-Mitteilung aber nicht die Rede.

Bundesrat fordert kein Verbot per Gesetz

Das ist auch in der Stellungnahme des Bundesrates nicht der Fall. Die Länderkammer fordert vielmehr von der EU-Kommission, „Vorschläge zum diesbezüglichen Einsatz von Abgaben und steuerrechtlichen Instrumenten zu unterbreiten“. Ziel soll sein – und hier ist die Bundesratsmehrheit über das Brüsseler Ideenpapier hinausgegangene –, dass 2030 eben keine Benzin- oder Dieselfahrzeuge mehr neu zugelassen werden. In der Praxis könnte das bedeuten, die KfZ-Steuer vermutlich stufenweise und mit längeren Übergangsfristen so zu verändern, dass die Anschaffung eines E-Autos am Ende attraktiver ist als der Kauf eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. Dessen Verbot per Gesetz aber hat der Bundesrat so nicht gefordert.

Aber natürlich ist schon die klare Formulierung dieser umweltpolitischen Zielvorgabe im Autoland Deutschland eine heikle Geschichte, zumal sie irgendwann durchaus konkrete Steuergesetzgebung nach sich ziehen könnte. Zudem läuft parallel in der Bundesregierung die sogenannte Ressortabstimmung zum Klimaschutzplan von SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks. Sie hat schon mehrfach betont, dass das Ziel eines „nahezu treibhausgasneutralen Verkehrs bis 2050“ nur dann erreicht werden kann, wenn eine Fahrzeuggeneration damit ernst gemacht wird. Dieser Linie folgten sozialdemokratisch regierte Bundesländer wie Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder Schleswig Holstein, die dem Beschluss damit eine Mehrheit verschafften. Hendricks’ Sprecher begrüßte das am Montag entsprechend, während die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer im Namen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch auf regierungsinternen „Abstimmungsbedarf“ verwies.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die weniger radikal als zuerst berichtet ausgefallenen Formulierungen parteipolitisch ausgeschlachtet werden.

Grüne Jugend im Südwesten geißelt Abstimmungsverhalten der Landesregierung

Die Grüne Jugend im Südwesten etwa geißelt, dass die baden-württembergische Landesregierung am Ende nicht zustimmte, obwohl sie zuvor im Umweltausschuss der Länderkammer noch Zustimmung signalisiert hatte. „Wir erwarten von unserem grünen Ministerpräsidenten, dass er die Speerspitze des Umweltbewusstseins im Bundesrat bildet, und nicht die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens auf solche Art erschwert“, sagten Lena Schwelling und Leonie Wolf. Das Abstimmungsverhalten helfe auch nicht den Herstellern: „Wenn Autos aus Baden-Württemberg auch in 15 Jahren noch Käuferinnen und Käufer finden sollen, muss mehr für die Entwicklung von E-Autos getan werden.“

„Wir sind für Elektromobilität, wir setzen auf neue Technologien, aber wir sind gegen Planwirtschaft“, sagte dagegen der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) am Montag in Stuttgart dazu. Unionsfraktionschef Wolfgang Reinhart teilte mit, man könne die für das Land so zentrale Branche „nicht mal einfach so per Gesetz abschaffen, wie es eine Bundesratsinitiative vorsieht und die Bundesumweltministerin (SPD) sowie die Grünen auf Bundesebene gerne hätten“.