Taxis stehen in Stuttgart zu Hunderten bereit, aber Elektrotaxis sind Mangelware. Das soll sich ändern. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Taxiflotte im feinstaub- und stickoxidbelasteten Stuttgart ist ausgesprochen diesellastig. Nun aber will die Taxi-Auto-Zentrale einen ausschließlich elektrischen Fuhrpark. Unter einer Voraussetzung.

Stuttgart - Stuttgart soll möglichst 2020 als erste Stadt eine rein elektrische Taxiflotte haben – ohne Stickoxidausstoß und möglichst auch ohne Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid. Das erklärt neuerdings der Vorstand Murat Arslan von der Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart, die bisher vor allem schadstoffträchtige Dieseltaxis an Fahrgäste vermittelt. Was die Jahreszahl angeht, ist die Stadtverwaltung skeptisch, sie will aber auch „möglichst rasch eine möglichst umfassende Umstellung“, wie Michael Münter, Leiter der OB-Stabsstelle, sagt. Erst kürzlich hat er mit der Taxizentrale das Vorgehen erörtert.

Die Palette der Probleme ist noch groß. Da geht es um ausreichend Ladesäulen und die besten Plätze dafür. Oder darum, wie Taxifahrer nach dem Laden wieder vorn in die Warteschlange der Taxis kommen. Oder um einen dauerhaft tragbaren Strompreis – und auch sonst um Geld.

Kaum Taxis mit Elektroantrieb

„Bei der umweltfreundlichen Umrüstung von Taxen in Stuttgart sind bei Weitem noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft“, sagt Edgar Neumann, Sprecher des Verkehrsministeriums. Kein Wunder: Bisher sind nur zwei oder drei der rund 700 Stuttgarter Taxis reine E-Mobile. Es sind Tesla-Fahrzeuge mit großer Reichweite. Hinzu kämen rund 20 Plug-in-Hybride, deren Batterien am Stromnetz aufgeladen werden, sagt Murat Arslan. Von Hybridfahrzeugen, die ihren Batteriestrom beim Bremsen selbst erzeugen, will er gar nicht groß reden. Hybride seien in ein paar Jahren sowieso überholt. Insgesamt, glaubt der Frontmann der Taxizentrale, der früher heftig gegen die grüne Verkehrspolitik wetterte, seien derzeit 25 bis 30 Taxen mit Elektroantrieb unterwegs. Knapp fünf Prozent sind Hybridfahrzeuge, fünf Prozent Euro-6-Diesel und 65 Prozent entfallen auf Euro 5. Der Rest ist unter Euro 5.

Die zehn wichtigsten Fakten zum Problem mit Feinstaub und Stickoxiden in Stuttgart sehen Sie im Video:

Die Erneuerung der Flotte durch E-Mobile, gibt Manfred Hülsmann vom Taxiverband Baden-Württemberg zu bedenken, sei nicht so schnell zu vollziehen. Ein Taxi sei nach fünf Jahren steuerlich abgeschrieben. Im Jahr würden also etwa 140 Taxis ersetzt. Sprich: Auf die Schnelle ist ein vollelektrischer Bestand nach dem üblichen Verfahren kaum erreichbar. Plug-in-Hybride hätten mit einer Batterieladung meist auch nur etwa 40 Kilometer Reichweite. Vollelektrische Fahrzeuge und Lademöglichkeiten würden aber nicht ausreichend angeboten. Hülsmann: „Gäbe es sie, ich wäre dabei. Es kann sich rechnen.“

In Berlin ist Eco-Taxi ein Vorreiter

Im Moment, räumt OB-Adlatus Michael Münter ein, sei nach den Maßstäben der Taxifahrer eigentlich nur der Tesla geeignet. Aber neue Tesla-Taxen würden in Deutschland inzwischen nicht mehr zugelassen, weil sie nach den Vorschriften nicht taxigemäß ausgestattet sind. Hybridautos seien für die Luft besser als Verbrenner, aber auch Münter nimmt lieber reine E-Mobile ins Visier. Zumal die Hybridvariante der Mercedes-E-Klasse auch keine Taxizulassung habe – und die E-Klasse ist für die Taxifahrer das Maß der Dinge.

Das ist in Berlin anders, wo am Potsdamer Platz fast im Sekundentakt japanische Hybridtaxis fahren. In der Hauptstadt gelten bis zu 2000 der 8014 Taxen als umweltfreundlich – zumindest bei der klimafreundlichen Taxi-Vermittlung EcoTaxi, die neben reinen Elektrotaxen auch Hybride mit Strom oder Erdgas zu den Ökotaxis zählt. In Berlin kann man sie über EcoTaxi anfordern, in Stuttgart gestaltet sich das schwierig. Das liegt nach Arslans Darstellung an dem geringen Bestand der Ökotaxis. Wenn man sie gezielt vermitteln wollte, bräuchte man schon 150 oder 200 davon.

Kunden warten vergeblich auf E-Mobile

2016 war es wegen der Misere zu Zwist zwischen der Taxibranche und den Behörden gekommen. Die Stadt warb im Internet für die Nutzung der Stromtaxis. Als Kunden sie an Tagen mit Feinstaubalarm anfordern wollten, musste die Taxizentrale passen. Der Test von fünf vollelektrischen Taxis war Ende 2015 ausgelaufen, die gebe es nicht mehr, wollen Anrufer zu hören bekommen haben. Wo aber die staatlich geförderten Hybridtaxis gerade fuhren, wusste die Zentrale nicht. Die seien nirgends registriert. Andererseits sprach die Stadtverwaltung damals auch schon von 30 elektrischen Taxis, die vom Land mit je 15 000 Euro gefördert worden seien. Taxifunktionär Arslan beruhigte: Es gebe noch E-Taxen. Ein Jahr später versichert er, die Taxizentrale sei „bereit“ für die Stromoffensive. Doch Arslan will Geld sehen. Die Anschaffung von 700 E-Taxis koste mindestens 30 Millionen Euro. Ein Großteil solle durch „ein richtiges Förderprogramm“ bereitgestellt werden. Der Tesla, auf dessen Wiederzulassung man hofft, würde 100 000 Euro kosten. Den E-Klasse-Diesel bekomme man nach Abzug von Herstellerrabatt und Vorsteuer zum Basispreis von rund 32 000 Euro. Die 192 000 Euro, die die Stadt bei den Etatberatungen 2015 erstmals für Taxis reservierte, ergäben gerade mal 275 Euro pro Fahrzeug. Arslan: „Das kann man sich in die Haare schmieren.“ Doch auch das Land fördert weiter. Der Zuschuss für jedes neue E-Taxi ist nun auf 10 000 Euro begrenzt.

Unter Druck ist nicht nur das Land, sondern auch die Taxibranche. Die Fahrverbote für Diesel unterhalb der Euro-6-Norm, die ab 2018 an Tagen mit Feinstaubalarm auf wichtigen Strecken drohen, werden zwar nicht für Taxis gelten; im Ministerium soll die Neigung, über 2021 hinaus alle Taxis zu schonen, aber gering sein.