Daimler will den Elektro-Truck in den kommenden Jahren zur Serienreife bringen. Foto: dpa

Daimler hat erstmals einen schweren Mercedes-Lkw mit Elektroantrieb präsentiert. Noch handelt es sich um ein Versuchsfahrzeug, doch der Autokonzern sieht in der Zukunft gute Marktchancen.

Stuttgart - Der Autobauer Daimler stellt die Weichen für den Start von schweren Lastwagen der Marke Mercedes-Benz mit Elektroantrieb. „Jetzt ist die Zeit reif für Elektro-Lkw“, sagte Daimler-Truck-Chef Wolfgang Bernhard bei der Vorstellung eines Versuchsfahrzeugs im Werk Untertürkheim. Der Stromer ist für ein Gesamtgewicht von 26 Tonnen und eine Reichweite von 200 Kilometern ausgelegt.

Bernhard berichtete, dass er selbst lange skeptisch gewesen sei, ob der Elektroantrieb auch für schwere Trucks in Frage kommen werde. Seinen Sinneswandel begründete der Daimler-Vorstand mit den bereits erreichten und in den kommenden Jahren erwarteten Fortschritt bei der Batterietechnik. Die Leistung soll stark steigen, die Kosten deutlich sinken. „Und das macht bald auch den Lkw wirtschaftlich“, zeigte sich Bernhard zuversichtlich.

Immer mehr Städte schränken den Lkw-Verkehr ein

Dies gelte allerdings nicht für alle Einsatzzwecke. Für den Fernverkehr genügten die Fortschritte bei den Batterien nämlich nicht. Für den Verteilerverkehr in den Städten, wie etwa die Belieferung von Lebensmittelläden, könnten Elektro-Lkw seiner Meinung nach dagegen in naher Zukunft Realität werden. Etwa ein Zehntel aller weltweit verkauften Lastwagen entfallen laut Bernhard auf dieses Marktsegment. Auf einen genauen Termin festlegen wollen sich die Stuttgarter indes noch nicht. Die Markteinführung dieser Technologie sei Anfang des nächsten Jahrzehnts vorstellbar, heißt es lediglich.

Bernhard berichtete, dass das generelle Interesse der Kunden in vielen Ländern spürbar zunehme. Dabei spiele auch eine Rolle, dass immer mehr Städte rund um den Globus den Lkw-Verkehr einschränkten. Für die leisen Fahrzeuge mit Elektroantrieb, so die Erwartung, könnte es Ausnahmen geben. Der Daimler-Vorstand wies darauf hin, dass Paris beispielsweise in Erwägung ziehe, ab 2020 keine Lastwagen mit herkömmlichem Antrieb mehr in die Stadt zu lassen.

Noch sind die Stromer erheblich teurer

Eine Umfrage des Stuttgarter Konzerns in Deutschland, Großbritannien und Polen hat ergeben, dass für drei von vier Lkw-Kunden die Umweltfreundlichkeit beim Kauf eines Fahrzeugs wichtig ist. Allerdings wird in der Transportbranche stets auch sehr knapp kalkuliert. Noch seien die Stromer erheblich teurer, räumte Bernhard ein, und trotz aller erwarteten technischen Fortschritte werden sie seiner Einschätzung nach bei der Anschaffung immer teurer sein als Trucks mit Dieselmotor. Allerdings sollen der Betrieb und die Wartung der Stromer günstiger sein. Das Unternehmen setzt dabei auch auf steigende Dieselpreise.

Bei der Entwicklung des neuen schweren Mercedes-Lkw will das Stuttgarter Unternehmen auch Erfahrungen nutzen, die es in den vergangenen Jahren bei Tests mit leichten Elektro-Lastwagen der japanischen Marke Fuso mit einem zulässigen Gesamtgewicht von sechs Tonnen gewonnen hat, die ebenfalls zu Daimler gehört. Die erste Generation des rein elektrisch angetriebenen Fuso Canter wurde 2010 präsentiert. Vor zwei Jahren begannen Flottentests mit einer ersten Kleinserie in Portugal.

Seit April dieses Jahres werden fünf solcher Fahrzeuge auch in Deutschland getestet – von der Stadt Stuttgart sowie dem Paket-Dienstleister Hermes. Erste Ergebnisse dieser Kundentests werden Anfang nächsten Jahres erwartet. Auf der Nutzfahrzeugmesse IAA in Hannover soll im Herbst die nächste Generation dieses leichten Lastwagens vorgestellt werden. Die bisherigen Erfahrungen hätten gezeigt, dass das Fahrzeug alltagstauglich sei, sagte Fuso-Chef Marc Llistosella. Insbesondere in Asien seien die Elektro-Canter zunehmend gefragt. So habe man beispielsweise einen Auftrag von einer japanischen Einzelhandelskette erhalten.