Von dieser Woche an ist der neue Eislinger Dienstsitz in Betrieb. Foto: Horst Rudel

Für das neue Rathaus hat Eislingen seine Rücklagen geplündert – und versucht, daraus Betongold zu machen.

Eislingen - Viel teure Luft haben sich die Eislinger geleistet. So lässt sich der erste Eindruck vom neuen Rathaus auf den Punkt bringen, denn der Neubau wird von einem großzügigen Atrium dominiert, das alle vier Etagen durchzieht. In das rund zwölf Millionen Euro teure Bauwerk haben die Eislinger nahezu ihr gesamtes städtisches Tafelsilber aus der Rücklage gesteckt. Dafür haben die 103 Mitarbeiter der Kommune zum ersten Mal einen gemeinsamen Dienstsitz, an dem sie nach den turbulenten Umzugstagen von dieser Woche an die Geschicke der Stadt verwalten können.

Die Mittagspause kann künftig auf dem Dach stattfinden

Voller Stolz präsentiert Eberhard Weiler das neue Leitsystem im Rathaus. „Das ist das Haus der kurzen Wege“, erklärt der Eislinger Hauptamtsleiter strahlend und verweist auf das großzügige Bürgerbüro samt Bürger- und Ordnungsamt im Erdgeschoss. Alle anderen Fachabteilungen sind auf den verschiedenen Ebenen verteilt. Das dritte Stockwerk sei die Belle Etage, meint er augenzwinkernd, da hier der Oberbürgermeister gleich neben dem großen Sitzungssaal residiere, während es einen Stock darüber auch noch einen kleinen Saal gibt. Und in naher Zukunft können die Mitarbeiter ihrem Chef sogar noch in der Mittagspause aufs Dach steigen, von wo aus die Aussicht auf Stadt und Umgebung vielversprechend sein soll. Für das Mobiliar im neuen Haus, darunter verstellbare Schreibtische, sind 700 000 Euro ausgegeben worden.

Zwei Fluchttreppenhäuser verlangt der Brandschutz

Es ist typisch für das neue Haus, dass hier viele Wege nach oben führen. Neben dem mit vielen gläsernen Brüstungen, einem Steg und freiem Blick ins Foyer ausgestatteten, atriumartigen Haupttreppenhaus gibt es einen Aufzug und gleich zwei Fluchttreppenhäuser. „Das ist eine Auflage, die uns der Brandschutz wegen des offenen Atriums gemacht hat“, erläutert Erich Heer, der Leiter des Hochbauamtes. Ein finanzieller Mehraufwand, der pro Treppenhaus mit immerhin 200 000 Euro zu Buche geschlagen habe.

Eine Million Euro zusätzlich hat die Kommune in das auf Geothermie fußende Energiekonzept des Verwaltungssitzes investiert und will damit künftig mindestens die Hälfte an Primärenergie einsparen.

Die Verschuldung steigt

Das seien alles Ausgaben, die „lange vorbereitet waren“, sagt der Kämmerer Walter Benkelmann, und die er im vergangenen Dezember auf 12,3 Millionen Euro beziffert hat. Den größten Brocken haben die Eislinger demnach aus den Rücklagen entnommen, die sie wohl auch den guten Zuführungsraten der vergangenen Jahre zu verdanken haben. Nach Benkelmanns Worten schmilzt nun das Tafelsilber allerdings rasch ab. Hatte es im Januar vergangenen Jahres noch einen Wert von 12,5 Millionen Euro, sollen es Endes dieses Jahres lediglich noch 1,5 Millionen sein, und damit nur noch eine halbe Million Euro mehr als der Gesetzgeber als Mindestrücklage verlange. Die Pro-Kopf-Verschuldung, ohne die Eigenbetriebe, steige dadurch auf 250 Euro, während sie vor zwei Jahren noch bei 186 Euro lag.

Dabei wird es angesichts weiterer teurer Projekte wohl nicht bleiben können. Als nächster dicker Brocken, mit dem die Eislinger ihre Stadtmitte neu ordnen wollen, steht vor allem der Bau der neuen Nord-Süd-Verbindung über die Mühlbachtrasse im Vordergrund. Auf rund 15 Millionen Euro beziffert Benkelmann das Projekt, für das es noch keinen konkreten Zeitplan gebe. Lediglich eine Anschubfinanzierung von 500 000 Euro sei laut der mittelfristigen Finanzplanung für das Haushaltsjahr 2019 vorgesehen.