Russlands größter Sportstar: Alexander Owetschkin Foto: Getty

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft spielt am Donnerstagabend gegen Russland um den Einzug ins WM-Halbfinale gegen Russland. Bei der Sbornaja dreht sich alles um Superstar Alexander Owetschkin, einen Freund von Präsident Wladimir Putin.

Stuttgart - Das Duell hat nicht gehalten, was es versprochen hatte. Beim Aufeinandertreffen der Eishockey-Superstars zwischen dem Kanadier Sidney Crosby (Pittsburgh Penguins) und dem Russen Alexander Owetschkin (Washington Capitals) im Viertelfinale der Play-offs in der US-Profiliga NHL blieben die beiden relativ blass. Die Serie war mehr geprägt von wüsten Schlägen anderer als von glanzvollen Taten der Erzrivalen. Doch eines war letztlich trotzdem wie immer: Alexander Owetschkin ging als Verlierer vom Eis und wartet immer noch auf seinen ersten Halbfinaleinzug in der besten Liga der Welt.

Und noch eines war dann wie immer: Der Russe flog raus – und flog gleich weiter. Zur Weltmeisterschaft. In seinem Heimatland bestreitet er an diesem Donnerstag (19.15 Uhr/Sport1) mit der Sbornaja gegen Deutschland bereits das nächste Viertelfinale. „Es gibt in Russland im Moment nur ein Thema: Owetschkin“, sagt René Fasel, der Präsident des Weltverbandes IIHF.

Während andere Spieler sich nach der langen NHL-Saison mit 82 Hauptrundenspielen und dem Aus in den Play-offs lieber zur Erholung zurückziehen, betreibt Alexander Owetschkin Jahr für Jahr aktive Frustbewältigung mit Puck und Schläger. Eine Absage – niemals. Wenn Mütterchen Russland ruft, ist er zur Stelle. Seit seinem Debüt im russischen A-Team 2004 mit 18 Jahren hat er nur eine WM verpasst. Das ist nicht nur Ausdruck der Erfolglosigkeit mit den Washington Capitals trotz all seiner Tore, sondern auch seiner Vaterlandsliebe.

Putin wäre mein Kapitän“

Sein ausgeprägter Patriotismus zeigt sich auch auf seinem Instagram-Account, diesem an sich eher unpolitischen Foto-Internetportal zum Sehen und Gesehen werden, das bei ihm ein politisches Manifest beinhaltet. Sein Titelbild ist eine Aufnahme mit Wladimir Putin. Neben vielen Fotos mit seiner Modelfreundin Nastya Shubskaya oder mit anderen Sportgrößen wie dem Basketballer Kobe Bryant und dem Tennisspieler Novak Djokovic taucht immer wieder der russische Präsident auf.

Hier ein Video von dessen Neujahrsansprache, dort ein Porträtbild des Politikers, neben dem Geburtstagsglückwünsche sowie Lob und Unterstützung für sein Tun stehen. An anderer Stelle wünscht Alexander Michailowitsch Owetschkin in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Russian Army“ (Russische Armee) den Truppen viel Glück.

Als er 2015 mal gefragt wurde, wen er als Spielführer in sein Team wählen würde, wenn es angesichts einer außerirdischen Bedrohung in einer Eishockeypartie um die Rettung der Welt gehen würde, antwortete er: „Definitiv Wladimir Wladimirowitsch Putin. Er wäre mein Kapitän – er hat im letzten Spiel acht Tore erzielt.“ Der Staatschef geht immer wieder selbst aufs Eis. Er ist ein großer Fan des physischen Wettstreits auf dem glatten Untergrund, der nur etwas für echte Kerle ist. Für Typen wie ihn. Und Alexander Owetschkin, diese 1,88 Meter große und 108 Kilogramm schwere Sturmmaschine, diesen Inbegriff des Torjägers, der mehr NHL-Treffer (525 in 839 Spielen) auf seinem Konto hat als jeder andere Russe vor ihm. Auch in dieser Hauptrunde wurde er mit 50 Treffern einmal mehr Torschützenkönig der NHL.

Wiedergutmachung für die Schmach von 2015

Der 30-Jährige brüstet sich gerne mit seinem guten Draht zu Wladimir Putin, den er als „schlauen Mann und jemanden, der den Respekt des russischen Volkes besitzt“ rühmt. Und er brüstet sich damit, seine private Telefonnummer zu haben.

Die Bewunderung ist groß – und sie beruht auch auf Gegenseitigkeit. Wladimir Putin sucht schon seit Jahren die Nähe zu dem Sportstar. Und dieser dankt es wiederum, indem er sich in Putins Sinne politisch äußert, etwa 2014 im Ukrainekonflikt.

Den Nationalstolz trägt Alexander Owetschkin auch in einem Instagram-Video zur Schau, in dem er Schnee schippt. Ganz stilgetreu tut er das in der russischen Mannschaftsjacke von Sotschi 2014, auch wenn sich damit schlechte Erinnerungen verbinden. Denn bei den Winterspielen auf heimischem Boden sollte ja eigentlich der Olympiasieg her, die Wiedergutmachung nach der 3:7-Viertelfinaldemütigung vier Jahre zuvor in Vancouver gegen den späteren Gewinner Kanada, was Alexander Owetschkin als „einen Schlag gegen ganz Russland“ bezeichnet hatte.

Das Vorhaben misslang. Der nächste Schlag für ganz Russland. Der Ärger verflog kurz, als Wladimir Putin wenige Monate später in der Kabine in Minsk zum 27. WM-Titel des Rekordweltmeisters gratulieren konnte. 2015 folgte in Prag jedoch ein 1:6 im Finale gegen Kanada. Eine Schmach. So ist bei der Heim-WM erneut Wiedergutmachung angesagt – wie gewohnt mit dem patriotischen Nachzügler aus Washington.