Belebte Plätze vor dem Milaneo Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das Einkaufscenter Milaneo hat sich neun Monate nach der Eröffnung in der Stadt etabliert. Etwa ein Drittel der Kunden sind Stuttgarter, davon kommen 60 Prozent mit der Bahn. Eine Folge dieser Entwicklung: ein leichter Rückgang auf der Königstraße.

Stuttgart - Billig geht immer. „Zweifuffzig“, kreischt eine junge Dame, schnappt sich ein T-Shirt und gluckst ihrer Freundin zu: „Das nehme ich mit, ganz egal, ob ich es jemals tragen werde.“ Alltagserlebnisse bei Primark im Milaneo. Die irische Billigmodekette brummt seit dem ersten Tag im Milaneo. Der Ankermieter des Einkaufscenters ist und bleibt ein Kundenmagnet.

Aber profitieren davon auch die anderen Läden? Eine kleine Stichprobe zeigt: Die meisten Händler im Konsumtempel hinterm Bahnhof sind zufrieden. „Sehr gut“, frohlockt eine Schuhverkäuferin auf die Frage nach dem Umsatz, „vor allem am Samstag brummt das Geschäft. Die Kunden kommen sogar aus Österreich, der Schweiz und England.“ Ähnliche Aussagen kommen von Verkäufern von Sportartikeln, Tabakwaren oder Damenoberbekleidung. Der Tenor lautet: Wir sind zufrieden mit der Geschäftsentwicklung.

Belebte Pläte vor dem Center

Auch der Platz vor dem Milaneo ist an den meisten Tagen voller Menschen. Es ist ein munteres Kommen und Gehen. Oder ein gemütliches Innehalten – auf den Bänken am Brunnen, in den Cafés oder Restaurants. Auch in den Wohnungen über der Mall zieht nun Leben ein. Liegestühle auf den Balkons oder Wäscheständer sind deutliche Signale dafür.

Klar, es gibt auch Händler, die weniger zufrieden sind. Bücher und Elektroartikel gehen angeblich nicht so gut. Aber an der Bilanz von Center-Managerin Andrea Poul vor dem Einjährigen im Oktober ändert das wenig: „Wir schauen auf eine erfolgreiche Startphase zurück. Die Umsätze der Mieter liegen in dem Bereich der Erwartungen.“ Sabine Hagmann, Geschäftsführerin des Handelsverbandes, bestätigt diese Einschätzung ebenso wie Citymanagerin Bettina Fuchs: „Das Milaneo funktioniert.“

Für Andrea Poul geht es jetzt um die Feinarbeit. „Der Stammkundenanteil könnte besser sein“, sagt die ehrgeizige Kauffrau aus Hamburg. Ihr Ziel ist es, Werte von lange in der Region etablierten Malls zu erreichen. Zum Beispiel den Stammkundenanteil der Breuningerländer in der Region, die bereits Jahrzehnte am Markt sind. „Wir wollen die Gewohnheit der Menschen aufbrechen, Überzeugungsarbeit leisten“, sagt Poul. Im Idealfall sollen solche Stammkunden (30 Prozent aller Kunden) mindestens alle 14 Tage im Milaneo aufschlagen. Auch zum Haareschneiden oder um Lebensmittel zu kaufen.

Poul wünscht sich mehr Stammkunden

Wie gesagt: Stammkunden sind die Kür. Die Pflicht erfüllt das Center jeden Tag. Durchschnittlich besuchen zwischen 28 000 und 30 000 Menschen das Milaneo. Im Eröffnungsquartal waren es täglich 40 000. Aber auch hier strebt Andrea Poul nach höheren Werten. „Die SSB rechnet damit, dass nach Fertigstellung der zweiten Stadtbahnhaltestelle täglich 17 000 Fahrgäste dort vorbei pendeln. Hier dürfte auch der eine oder andere im Milaneo landen.“

Auf die Zahlen des öffentlichen Nahverkehrs ist die Managerin der ECE-Gruppe besonders stolz. „Wir haben immer noch einen Anteil von 60 Prozent aller Kunden, die mit den Öffentlichen zu uns kommen.“ Auch die Anbindung an die Stadt funktioniere besser, als sie erhofft habe: „Der fußläufige Austausch funktioniert. Ich hatte mir das schwieriger vorgestellt, aber die Stuttgarter nehmen das Milaneo an.“

Aus Sicht mancher Händler in der Stadt fast zu gut. Die neusten Erhebungen zur Passantenfrequenz auf der Königstraße sind ernüchternd. Bisher zählte man an einem Samstag in der unteren Königstraße zwischen 10 000 und 11 000 Passanten in einer Stunde. Nun ist die Zahl nicht mehr fünfstellig. „Das ist ein Effekt des Milaneo“, sag Bettina Fuchs. Denn das Center besitze eine hohe Modekompetenz und locke vor allem „im Young-Fashion-Bereich Kunden an“.

Dennoch ist der befürchtete, ruinöse Kampf um Kunden in Stuttgart ausgeblieben. Poul glaubt: „Die Händler in der Stadt und das Milaneo haben gegenseitig voneinander profitiert.“ Alleine die Kunde vom schwierigen Start des Mitkonkurrenten Gerber macht sie „traurig“: „Denn der Handel in ganz Stuttgart muss stark sein. Er macht auch die Attraktivität der Stadt aus.“

60 Prozent kommen mit der Bahn

Starke Partner seien generell wichtig, meint sie und denkt vielleicht auch an ihren Partner Primark. Andrea Poul ist froh über die Iren. Aber sie betont immer wieder, dass das Milaneo auch ohne die Textilkette funktionieren könne. Daher lässt sich die Centermanagerin auch nicht von den Meldungen beeindrucken, Primark ziehe nach dem Umbau des Karstadtgebäudes auf die Königstraße. Nach den ersten neun Monaten kann Andrea Poul dies auch mit Zahlen einer Umfrage untermauern. „Die meisten Kunden, also 60 Prozent, sind im Alter zwischen 20 und 39 Jahren.“

Soll heißen: Die eigentlichen Primark-Kunden (zwischen 16 und 19) teilen sich mit den 40- bis 49-Jährigen den Rest. Fazit Poul: „Primark ist ein allgemeiner Faktor.“ Kein spezieller, von dem das ganze Wohl und Weh des Milaneo abhängt.