Ladeninhaberin aus Leidenschaft: Britta Mohrmann von Cosima Chiton. Foto: Ayerle

Kleine Geschäfte beleben das Lehenviertel, in anderen Vierteln im Stuttgarter Süden gibt es kaum noch Einzelhandel. Katastrophal sei die Lage in Kaltental, sagt der zweite Vorsitzende des Vereins der Süden, Hagen Müller.

S-Süd - Viele Einzelhändler in den Stadtbezirken klagen über sinkende Umsätze. Britta Mohrmann hat sich davon nicht abschrecken lassen und Juli 2011 ihr Geschäft Cosima Chiton im Lehenviertel eröffnet. Sie verkauft Stoffe, Nippes und selbst genähte Kleider, also „Dinge, die die Welt nicht braucht, aber haben möchte“.

Nähen und Basteln sind wieder in. „Do-it-yourself erlebt gerade einen wahnsinnigen Boom“, erzählt Britta Mohrmann. Vor allem junge Mädchen statten sich bei ihr mit Stoffbändern aus oder melden sich für die Nähkurse an. Die Liebe hat die Ingenieurin für Bekleidungstechnik nach Stuttgart verschlagen, ihr Geschäft in der Liststraße 29 führt sie aus Idealismus, nicht, um damit reich zu werden. „Es macht mich einfach sehr zufrieden und glücklich“, sagt die 46-Jährige.

Viele Leerstände an der Böblinger Straße

Dennoch, rosig sieht es im Süden für den Einzelhandel nicht aus. Hohe Mieten, sinkende Kaufkraft und Konkurrenz aus dem Internet belasten die Händler. Die Böblinger Straße – vor allem in dem Abschnitt vom Erwin-Schoettle-Platz stadtauswärts – gilt als Schandfleck des Stadtbezirks. Mit dem Wegzug eines Lebensmittel- und eines Kleiderdiscounters sowie der Schließung der Schlecker-Filiale wurde die Straße zunehmend unattraktiver.

„Das schlimmste ist die hohe Fluktuation“, sagt Hagen Müller, zweiter Vorsitzender des Handels-, Gewerbe- und Dienstleistungsverein (HGDV) Der Süden. In Heslach gebe es immer weniger Geschäfte. Die noch vorhandenen tun sich schwer, weil die Laufkundschaft fehlt. Wenn ein Laden schließt, bleibt er leer – oder ein Copy-Shop, ein Internetcafé oder ein Dönerladen ziehen ein. Eine ausgewogene Mischung an Geschäften sei das nicht, sagt Müller. Noch schlimmer sei die Lage in Kaltental: „Da ist es katastrophal.“ Es gebe derzeit nur noch zwei Geschäfte in dem Stadtteil, so Müller. Neue werden kaum hinzukommen.

Rund 7000 Menschen ziehen jährlich in den Süden, ebenso viele wieder weg. Ein solcher Bewohnerwechsel ist gerade für die Innenstadtbezirke, die insbesondere für junge Menschen attraktiv sind, typisch. Weil diejenigen, die nicht lange bleiben, sich mit ihrem Viertel kaum verbunden fühlen, kaufen sie dort auch nicht ein. Um dies zu ändern, organisiert der Verein Der Süden mehrmals im Jahr Veranstaltungen auf dem Marienplatz, beispielsweise das Maifest, den Adventszauber „Feuer und Flamme“ oder den Floh- und Krämermarkt. Über die Bezirksgrenzen hinaus wollen die Vereinsmitglieder den Süden als lebendigen Stadtbezirk mit vielen Geschäften präsentieren. Ob dies Erfolg hat, kann Hagen Müller noch nicht beurteilen. „Aber wir können nicht mehr tun, als auf uns aufmerksam machen und die Bevölkerung dazu zu animieren, mehr bei den örtlichen Händlern einzukaufen“, so Müller.

Laden funktioniert zusammen mit Online-Shop

Das Pendant für das Lehen- und Heusteigviertel sind die „Sterne des Südens“. Die Geschäfte und die Gastronomie veranstalten dort an einem Tag im September eine Art Straßenfest. Melike und Yasemin Eren, die in ihrem Geschäft Keren Meya Seifen und Wohnaccessoires anbieten, haben davon enorm profitiert. Sie eröffneten just bei der letzten Veranstaltung ihren Laden in der ehemaligen Schlecker-Filiale an der Liststraße. „Das Geschäft war rappelvoll an diesem Tag“, erinnert sich die Mutter der beiden, Kiymet Eren. Das habe ihren Töchtern immens geholfen. Viel Stammkundschaft habe sich daraus ergeben. „Viele kaufen tatsächlich jede Woche ihre Seife bei uns“, berichtet die 19-jährige Melike Eren hinzu.

Vor allem die Nachbarschaft sei begeistert von dem Laden mit den Gegenständen aus Naturmaterialien, die sie in ihrem Heimatland Türkei herstellen lassen, sagt Melike Eren. Dennoch muss sie zugeben, dass der Laden alleine sich wohl nicht rechnen würde. „Mit dem Online-Shop zusammen funktioniert es aber gut.“