Ein Doppelstockwagen der Modellreihe „Do 2010“ des Zugherstellers Bombardier. Foto: dpa-Zentralbild

Der kriselnde Zughersteller muss der Deutschen Bahn eine zweistellige Millionensumme wegen verspätet gelieferter Doppelstockzüge zahlen.

Berlin - Der angeschlagene Bombardier-Konzern zahlt der bundeseigenen Deutschen Bahn erneut hohen Schadenersatz wegen jahrelanger Lieferverzögerungen. Der außergerichtliche Vergleich sieht nach DB-Angaben eine Kompensation in zweistelliger Millionenhöhe vor. Ein Bombardier-Sprecher bestätigte auf Anfrage die Einigung.

Im jetzt beigelegten Streitfall geht es um verspätet gelieferte Doppelstockzüge, die von der Bahn im Regionalverkehr und seit 2015 auch im Intercity-Fernverkehr als „IC 2“ eingesetzt werden. Insgesamt fahren bundesweit rund 2300 „DoStos“. Die Doppelstöcker sind bei Fahrgästen besonders auf längeren Strecken wegen Komfortmängeln nicht sonderlich beliebt, beklagt wird zum Beispiel zu wenig Raum für Gepäck und das fehlende Bistro.

Die Bahn baut ihre DoSto-Flotte auch für den Fernverkehr aus und hat vor einigen Jahren weitere 569 Stück plus 132 Loks für fast 1,8 Milliarden Euro bei Bombardier bestellt. Doch erst seit Ende 2015 kann der Hersteller die Serie 2010 liefern. Die Verspätung betrage teils mehr als zwei Jahre, heißt es bei der DB. Bisher seien rund erst 180 Züge der Modellreihe „DoSto 2010“ im Einsatz.

Mängel sorgten für Schlagzeilen

Die Lieferverzögerungen haben großen Ärger und hohe Kosten verursacht. So musste auf der Strecke Dresden-Köln die Einführung auf Dezember verschoben werden. Ende 2015 starteten die bis zu Tempo 160 schnellen DoStos zunächst zwischen Leipzig, Hannover und Norddeich. Doch Mängel wie Türstörungen und ein leichtes Wanken der Züge, bei dem manchen Fahrgästen schlecht wird, sorgten bald für Schlagzeilen.

Wegen der „Wackel-Züge“ gibt es zwischen der DB und Bombardier weiterhin strittige Debatten. Man strebe aber auch hier eine außergerichtliche Einigung an, heißt es bei der Bahn. Eine Klage solle vermieden werden.

Schon wegen der Probleme beim Regionalzug Talent 2, bei dem es teils herein regnete, und anderer Zugmängel stritten beide Unternehmen jahrelang auch vor Gerichten. Damals fordert die DB in mehreren Gerichtsverfahren gegen Bombardier dem Vernehmen nach mehr als 500 Millionen Euro Schadensersatz. Schließlich zahlte der Hersteller einen dreistelligen Millionenbetrag als Ausgleich.

Bombardier will weltweit 7000 Stellen streichen

Der kanadische Konzern Bombardier steckt vor allem wegen Problemen in seiner Flugzeugsparte tief in der Krise und will weltweit 7000 Stellen streichen. Die Zugsparte Bombardier Transportation beschäftigt knapp 40 000 Menschen, ein Viertel davon in Deutschland, wo die Kanadier nach der Wiedervereinigung zahlreiche ehemalige DDR-Werke übernommen haben. An den sieben hiesigen Standorten sollen mehr als 1400 Jobs wegfallen.

Die Bahnindustrie erlebte seit der Liberalisierung des Schienenverkehrs in den 90er Jahren einen tiefen Umbruch. Nationale Hoflieferanten wie Siemens mussten sich neu aufstellen, verstärkte internationale Ausschreibungen erhöhten den Wettbewerbs- und Preisdruck, Teile der Fertigung wurden in Billiglohnländer verlagert, die Entwicklungs-, Produktions- und Testphasen neuer Züge drastisch verkürzt. Die Folge: zahlreiche Qualitäts- und Lieferprobleme.

Mittlerweile lassen sich Bahnunternehmen und Industrie wieder mehr Zeit, um ausgereiftere Fahrzeuge in den Betrieb schicken zu können. So wird der neue ICE 4, den federführend Siemens mit Unterstützung von Bombardier baut, von der DB mehr als ein Jahr im Alltag getestet. Erst Ende 2017 soll der Regelbetrieb starten.