Im Gebiet Hartenecker Höhe baut die städtische Wohnbaugesellschaft 32 Objekte. Foto: Peter Petsch

Hohe Immobilienpreise und für immer weniger Menschen bezahlbare Mietwohnungen sind nicht nur in Stuttgart ein Problem. Auch im Umland ist vor allem der soziale Wohnungsbau aufs Abstellgleis geraten – längst sorgen sich auch Kommunen wie Ludwigsburg um die immer höher kletternden Mieten.

Ludwigsburg - Noch liegt die Barockstadt bei den Durchschnittsmieten nicht ganz auf Stuttgarter Niveau. Doch auch im rund 90.000 Einwohner zählenden Ludwigsburg drohen finanzschwache Familien bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum unter die Räder zu kommen. Selbst für eine Altbauwohnung muss laut einer Studie des Münchner IVD-Instituts eine Durchschnittsmiete von deutlich über sechs Euro pro Quadratmeter bezahlt werden. Bei einer neuen Wohnung müssen Mieter monatlich mit über 10,50 Euro pro Quadratmeter rechnen.

Der aktuelle Ludwigsburger Mietspiegel zeigt ein ähnliches Bild: Die durchschnitt-liche Kaltmiete ist in den vergangenen zwei Jahren erneut um 1,4 Prozent gestiegen, exakt 7,86 Euro pro Quadratmeter legen die Interessenten für ein ungeheiztes Zimmer auf den Tisch. Kein Wunder, dass die Stadt längst von einem „angespannten Wohnungsmarkt“ spricht. Normalverdiener tun sich schwer, eine Unterkunft zu finden, bei der vom Gehalt neben der Miete auch noch genug zum Leben übrig bleibt.

„Wie soll ein Handwerksgeselle, Erzieher oder Altenpfleger, der am Monatsende um die 1600 Euro auf dem Konto hat, da an eine Familie denken?“, fragte der SPD-Fraktionschef Eckart Bohn, zugleich Vorsitzender des Ludwigsburger Mieterbunds, kürzlich bei einer Debatte im Gemeinderat. Aus seiner Sicht ist der Wohnungsmarkt vor allem deshalb in eine bedrohliche Schieflage geraten, weil private Bauträger bei neuen Objekten in erster Linie hochpreisige Apartments verwirklichen wollen und allzu selten an die breite Masse der Wohnungssuchenden denken. „Es gibt in Ludwigsburg keine billigen Wohnungen mehr“, beklagt Bohn.

Problem Grundstückspolitik

Ein zweiter Auslöser, dass viele Normalverdiener mindestens die Hälfte des monatlichen Gehalts für die Miete einkalkulieren müssen, ist die Grundstückspolitik der Stadt. Auf der Hartenecker Höhe beispielsweise, dem mit 18 Hektar derzeit größten Neubaugebiet der Barockstadt, achtete das Rathaus vor allem auf die Erlöse aus dem Flächendeal. Verkauft wurden die Grundstücke an die Bauträger, die am meisten Geld für eine Teilfläche boten – für die städtische Wohnungsbaugesellschaft ist nur ein Bruchteil der Grundstücke reserviert.

Die Folge: Von den mehr als 700 Wohneinheiten, die auf der Hartenecker Höhe in nächster Zeit wohl größtenteils als Eigentums-Immobilie auf den Markt kommen werden, verantwortet die Rathaus-Tochter gerade mal 32 – zu wenig, um dem Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen auch spürbar abzuhelfen. Dabei hatte der Gemeinderat der Ludwigsburger Wohnbau auf Drängen von OB Werner Spec schon vor zwei Jahren erlaubt, stärker in den Markt einzugreifen.

Stadt: Bedarf von gut 900 Wohnungen

Als neue Marschroute wurde festgelegt, dass sich die Rathaus-Tochter künftig auch im Geschäft mit hochpreisigen Immobilien tummeln darf, um mit den Erlösen aus dem Verkauf teurer Luxuswohnungen letztlich den Bau von Objekten für finanzschwache Familien zu finanzieren. Kritisch beäugt wurde der neue Kurs allerdings nicht nur von Helga Schneller, die den Eigentümerverein Haus und Grund vertritt und für die Freien Wähler im Stadtrat sitzt. Auch andere Bürgervertreter sprachen von „Planwirtschaft“ und einem unzulässigen Eingriff ins freie Spiel der Kräfte – mit Grundstücken zum Vorzugspreis wurde die städtische Wohnbau eher spärlich ausgestattet.

Bei einer Klausurtagung zur Frage, wie die Stadt den Anstieg der Mieten dämpfen kann, zeichnete sich jüngst aber ein Sinneswandel ab – auch weil der Wohnbau-Chef Andreas Veit mit einer düsteren Prognose aufwarten konnte: Bis in fünf Jahren läuft bei 40 Prozent der Sozialwohnungen die an die Förderung gekoppelte Bindung aus. Die Stadt selbst hat in einer internen Berechnung einen Bedarf von gut 900 Wohnungen ermittelt. Die Wohnbau hat schon jetzt nur 658 Immobilien mit reduziertem Preis im Angebot, die Hälfte fällt bis 2018 weg.