Feierabend hin oder her – für Kinder geht Eis sowieso immer. Foto: Cedric Rehman

Wenn jede Stunde eine Geschichte erzählt, hat der Tag 24 Geschichten. Eben diese erzählen wir in einer Serie. Von 17 bis 18 Uhr gönnen wir uns ein Feierabend-Eis in einer Eisdiele in Sillenbuch.

Sillenbuch - Die Menschenschlange vor der Eistheke des Timone scheint eigenen Gesetzen zu folgen. Noch kurz vor 17 Uhr kann jeder einfach das Eiscafé betreten, um sich eine Waffel oder einen Becher mit dem cremigen Süßspeise zu kaufen.

Kurz nach 17 Uhr müssen sich Naschkatzen gedulden, weil viele andere nun die gleiche Lust umtreibt. Mehdi Farnad ist der Besitzer des Timone. Er schmunzelt, als er die Schlange vor seinem Lokal bemerkt. „Nach 17 Uhr ist immer viel los, da kommen die Leute von der Arbeit oder die Kinder aus dem Hort und wollen sich den Nachhauseweg versüßen“, sagt er. Er findet, dass im Vergleich zu anderen Tagen wenig los sei. Dabei stehen die Menschen vor dem Timone nicht nur Schlange. Auch alle Tische sind besetzt. Die Gäste, die Platz genommen haben, löffeln in Eisbechern. Es sind Genießer, denen es nicht reicht, eilig am kugelrunden Glück-to-go in der Waffel zu schlecken. Andere sitzen eisfrei am Tisch und genehmigen sich stattdessen ein Weizen oder einen Secco.

Eine Szene wie aus dem Italienurlaub

Ein Paar mit Sonnenbrillen rührt ganz bescheiden in ihren Espressi. Eine Szene wie aus dem Italienurlaub. Mehdi Farnad würde der Vergleich gefallen. Schließlich legt er Wert darauf, dass sein Eiscafé die Süßspeise nach italienischem Originalrezepten produziert. Schön, wenn sich die Gäste dann animiert fühlen, sich bei ihm ganz wie in Italien nach der Arbeit auf einen Espresso zu verabreden.

Die Eisküche steht zu dieser stressigen Stunde im Timone übrigens still. Das Eis, das nun verkauft wird, ist frisch produziert worden und wird nun verbraucht. Die Mitarbeiter verkaufen es an der Theke oder mischen es mit Sahne, Früchten und Schokoladensoße in Bechern.

Aus Sicht der Eisverkäufer ist es übrigens ein Segen, dass der Sommer insgesamt eher mild verlaufen ist. Obwohl auch Besteck und Glasbecher gekühlt werden, müssen die Eiskreationen so schnell wie möglich zu den Gästen an die Tische. „Sonst fangen sie an zu schmelzen“, sagt Mehdi Farnad. Die Mitarbeiter im Service müssen also umso schneller sein, je heißer es ist. „Da kommen sie ganz schön ins Schwitzen“, sagt der Besitzer des Timone.

Besonders anstrengend zwischen 17 und 18 Uhr

Auch so sei der Service gerade in der Zeit zwischen 17 und 18 Uhr anstrengender als der Dienst hinter der Theke, sagt der Mitarbeiter Ali Obeid. „Da kommen schon einige Kilometer zusammen, die man auf den Beinen ist“, meint er. Dabei geht es hinter der Theke alles andere als gemächlich zu. Eis wird mit dem Löffel zu einer Kugel geformt und wandert in die Waffel oder den Becher. In Retour wird das Geld bezahlt. Und jeder Mitarbeiter hat die Kunden in der Warteschlange vor Augen; sie können es kaum abwarten, bis sie dran sind. Dennoch sei sie nicht gestresst, sagt eine Mitarbeiterin. Vielleicht entspannt sie das Wissen, dass sie den Kunden etwas Gutes tut und diese sofort glücklich wirken, sobald ihre Zunge einmal geschleckt hat. Die Mitarbeiterin verrät auch noch, welche Eissorten derzeit besonders gefragt seien: Zimt und Fantaeis, sagt sie.

Die Sillenbucherin Claudia Hensel hat ihren Kindern diese exotisch klingende Kombination nicht gekauft. Die vierjährige Meike und der einjährige Benjamin schlecken stattdessen an einer Kugel Himbeereis. Sie erzählt, dass sie gerne mit ihren Kindern nach einem langen Tag im Timone vorbeikommt. „Heute hatten wir zum Beispiel Programm, und da habe ich ihnen auf dem Rückweg eine Kugel gekauft“, sagt die Mutter. Sie selbst wird belohnt, in dem ihre Kleinen sie auch mitschlecken lassen.

Nach 18 Uhr wird es langsam ruhiger im Timone. Viele Schleckermäuler sitzen wohl jetzt zu Hause und freuen sich schon auf die nächste Gelegenheit zum Naschen.

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