Einbrüche sind in Baden-Württemberg an der Tagesordnung. Foto: Shutterstock/ricardoreitmeyer

In Baden-Württemberg ist die Zahl der Einbrüche auf einem Rekordhoch, selten werden die Täter geschnappt. Die Bürger wehren sich - mit privaten Wachdiensten oder nächtlichen Patrouillen. Die Polizei ist skeptisch.

In Baden-Württemberg ist die Zahl der Einbrüche auf einem Rekordhoch, selten werden die Täter geschnappt. Die Bürger wehren sich - mit privaten Wachdiensten oder nächtlichen Patrouillen. Die Polizei ist skeptisch.

Karlsruhe - Ob am Tag oder in der Nacht, in der Stadt oder auf dem Land: Die Zahl der Wohnungseinbrüche schnellt im Südwesten nach oben, und nur jeder zehnte Täter wird geschnappt. Vielen Bürgern reicht es - mancherorts greifen sie zur Selbsthilfe. So wollen Geschäftsleute in Tiefenbronn bei Pforzheim nach wiederholten Einbrüchen einen privaten Wachdienst engagieren. Andernorts setzt man auf Nachtwanderungen oder wachsame Nachbarn. In den Städten und bei der Polizei wird das Bürgerengagement zwiespältig gesehen.

Insgesamt 11.300 Mal schlugen Einbrecher laut Innenministerium im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg zu - das ist ein Anstieg um fast ein Drittel.

Sicherheitsdienste engagieren oder gleich selbst patroullieren

Ein Einbruchsopfer ist Theo Jost, der Wirt der „Ochsen-Post“ in Tiefenbronn (Enzkreis). Nachdem ihn Einbrecher zweimal innerhalb von zwei Wochen heimgesucht hatten, hatte er genug. Mit anderen Bürgern plant er, private Wachleute anzuheuern. „Wir wollen einen Sicherheitsdienst engagieren, der durch den Ort patrouilliert und bei einem Einbruch in fünf Minuten da ist - statt wie bisher die Polizei in einer halben Stunde“, so Jost. Nachdem er sein Vorhaben in der „Pforzheimer Zeitung“ angekündigt hatte, bekam er aus umliegenden Gemeinden „ermutigende Zuschriften und Kommentare“. Aber, so sagt Jost auch: „Mit der Aktion habe ich mir leider nicht nur Freunde gemacht.“

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Bernd Zilly, der Vorsitzende des Bürgervereins im Pforzheimer Stadtteil Mäuerach findet die Aktion in Tiefenbronn gut. Nachdem auch in seinem Ort wiederholt eingebrochen wird, hat der Verein die rund 300 Mitglieder aufgefordert, auf die Geschehnisse in der Nachbarschaft „besser zu achten“. Wachsame Nachbarn hätten bereits in einigen Fällen Einbrecher vertrieben. Nicht zuletzt deshalb, weil die Polizeistation in den Nachbarort Kieselbronn verlegt wurde, fragt Zilly sich, „ob der Staat noch seiner Aufgabe gewachsen ist“.

Polizei und Verwaltung sind skeptisch

Bürger wehren sich - doch mit bewaffneten Bürgerwehren hat dies nichts zu tun, betont „Ochsen-Post“-Wirt Jost. Man habe nicht vor, „mit Mistgabeln und Dreschflegeln durch den Ort zu marschieren, um Einbrecher zu jagen“. Das würde gegen geltendes Recht verstoßen - und allein schon die Vorstellung stößt bei der Polizei wie bei Städten sauer auf. „Ich halte das für sehr problematisch, wenn das jetzt landesweit Schule machen würde“, sagt etwa Hans-Jürgen Moos (SPD), der Bürgermeister von Meckesheim (Rhein-Neckar-Kreis). „Dafür gibt es Zuständigkeiten in unserem Staatswesen und das finde ich auch richtig so.“ Auch in Pforzheim heißt es: „Eine Gruppe von Personen, die mit Schlagstöcken und Pfefferspray bewaffnet durch Wohnviertel patrouilliert, kann sicherlich in niemandes Interesse sein.“ Aus anderen Städten und Kreisen verlautet wie in Baden-Baden unisono: „Sowas gibt’s bei uns nicht.“

Zwar gibt es in Konstanz und einigen anderen Städten im Südwesten sogenannte Nachtwanderer, die vorwiegend am Wochenende spät nachts in der Stadt unterwegs sind. Die wollen aber nach eigenen Angaben für junge Leute eine „entspannte Atmosphäre schaffen“ und gegebenenfalls Vandalismus verhüten. Die Polizei in Aalen kann sich durchaus vorstellen, dass „Nachtschwärmer“-Projekte gegen Einbrecher „sinnvoll“ sein könnten. „Es kann helfen, wenn fremde Kennzeichen aufgeschrieben oder verdächtige Personen der Polizei gemeldet werden“, sagt ein Sprecher.

In Mannheim geht die Polizei selbst seit Jahresbeginn verstärkt gegen Wohnungseinbrüche vor: Zwölf Polizisten sind zur Ermittlungsgruppe „Eigentum“ zusammengeschlossen. „Sie hat schon zwei Dutzend Straftaten aufgeklärt“, sagte eine Polizeisprecherin. Bei den Mannheimern sei das Bewusstsein gestiegen, dass man etwa bei Abwesenheit immer die Fenster schließen müsse, um Einbrecher fernzuhalten.

Stefan Hammer, Leiter des gerade besonders beschäftigten Kriminalkommissariats Pforzheim, kann „in gewisser Weise“ besorgte Bürger verstehen. „Gleichwohl sollen Bürger nicht selbst das Recht in die Hand nehmen“, appelliert er. Schon wegen möglicher Auseinandersetzungen mit Tätern und schlimmen Folgen. Private Wachdienste seien immerhin entsprechend geschult und würden im Notfall die Polizei rufen. Jedenfalls positiv wirkt es nach seiner Erfahrung, wenn die Nachbarn ein waches Auge haben: „Fast alle Festnahmen in letzter Zeit gehen auf Zeugenhinweise zurück, bei denen Nachbarn etwas beobachtet haben.“

Die Polizei fährt Streife, sie hat Ermittlungsgruppen eingerichtet und informiert Bürger über Prävention. Dennoch: „Absolute Sicherheit gibt es nicht“, weiß der Kripo-Beamte Hammer. Bürger können ihr Eigentum aber durchaus besser schützen. So lässt der Wirt von der Tiefenbronner „Ochsen-Post“ das Hotel nun mit einer Alarmanlage ausstatten, die direkt mit der Polizeizentrale verbunden ist.

Auch andere Privatleute investieren in die Sicherheit. So bemerkt der Sicherheitsunternehmer Bernd Elsenhans eine steigende Nachfrage vonseiten der Hauseigentümer: „Immer mehr ältere Leute lassen sich von uns beraten.“ Das Heidenheimer Unternehmen verzeichnet zwischen 20 und 25 Prozent mehr Umsatz beim Verkauf von Tresoren oder Sicherungssystemen wie Alarmanlagen. Noch wird Personal, das Privathäuser vor Einbrüchen schützt, kaum nachgefragt. „In ein paar Jahren wird es das auch bei uns geben“, ist Elsenhans überzeugt und verweist auf die USA. „Dort gibt es ganze Siedlungen, die umzäunt sind und von Sicherheitsdiensten bewacht werden.“ Hierzulande würden lediglich reiche Kunden während der Urlaubszeit ihr Anwesen von seinen Sicherheitsleuten bewachen lassen.