Polizeikontrolle an der B 29 im Rems-Murr-Kreis – reisende Täter sollen ins Netz gehen Foto: Gottfried Stoppel

Die Polizei hat den Kampf gegen Banden ausgerufen, die gerade für eine Einbruchswelle sorgen. Doch die Erfolge sind noch spärlich. Umso ärgerlicher ist für die Ermittler der Fall eines Trios, das trotz eindeutiger Beweise auf freien Fuß gesetzt werden musste.

Stuttgart - Meist bleiben Einbrecher schattenhafte Phantome – wie auch am Mittwochabend in der Falkenstraße im Stadtteil Sonnenberg. Dort sichtete eine Zeugin zwei Männer mit einer Allerweltsbeschreibung: 1,80 Meter groß, schlank, schwarze Baseballmützen, blaue Jeans. An diesem Tag gab es sieben weitere Einbruchsanzeigen, dabei wurden hochwertiger Schmuck, Bargeld und elektronische Geräte für mehrere Tausend Euro gestohlen. Eine heiße Spur – Fehlanzeige. Die Zahl der Wohnungseinbrüche steigt unaufhörlich weiter.

Doch selbst Ermittlungserfolge sind für die Stuttgarter Polizei derzeit wenig erfreulich. Besonders groß ist der Frust bei einer Streifenwagenbesatzung, die am Dienstag in der Stuttgarter Altstadt einen Volltreffer landete. Dort hatten die Beamten drei mutmaßliche Einbrecher und Autodiebe aufgespürt. Ihre Aktion wirkte allerdings nicht im Sinne einer Abschreckung und Generalprävention – die Verdächtigen sind wieder auf freiem Fuß. Was in Ermittlerkreisen für Kopfschütteln und Kritik sorgt.

Der Streife war in der Leonhardstraße ein grüner Honda mit einem Autokennzeichen von Siegen in Nordrhein-Westfalen aufgefallen. Eine Überprüfung ergab, dass der Wagen am Wochenende vom Gelände eines Autohändlers in Siegen gestohlen worden war – die Kennzeichen waren von einem Lkw abmontiert worden. Im Wagen lag außerdem ungewöhnliches Werkzeug – etwa eine selbst gefertigte Metallstange mit Aufsatz, mit der Türschlösser geknackt werden können.

Auch die Tatverdächtigen „passten“. Zwei 31 und 41 Jahre alte Männer und eine 33-jährige Frau georgischer Herkunft. Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Nordrhein-Westfalen sind sie polizeibekannt – unter anderem wegen schweren Diebstahls und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Seit Monaten werden in der Region Stuttgart besonders Personen georgischer Herkunft als Tatverdächtige gefasst, wenn es um Einbrüche geht. In diesem Jahr gab es bereits 25 Festnahmen. Bei der Kriminalpolizei wird vermutet, dass die Täter von ihren Hintermännern als Studenten oder als Asylbewerber, teils mit falschen Pässen, ins Land gebracht werden. Der Fall wurde an die Kripo nach Siegen weitergemeldet. Und tatsächlich: „Wir gehen davon aus, dass die Verdächtigen für mehrere Einbrüche bei uns verantwortlich sind“, sagt Georg Baum, Sprecher der Polizei in Siegen.

Dann aber die Überraschung: Die zuständige Staatsanwaltschaft in Siegen sah keine Haftgründe – und ließ die Beschuldigten wieder auf freien Fuß setzen. Keine Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr, die eine vorausgegangene Verurteilung voraussetzt. Außerdem hätten die Beschuldigten einen festen Wohnsitz, heißt es. Die drei Verdächtigen sind freilich in Asylbewerberwohnheimen in Stuttgart und Sinsheim sowie im Bezirk Münster/Westfalen gemeldet.

Offenbar glaubte der zuständige Siegener Staatsanwalt, dass die kriminaltechnischen Ermittlungen länger dauern würden, als eine Untersuchungshaft verantwortbar wäre. Georgische Einbrechergruppierungen sind im Südwesten ein Problem, das gilt aber nicht für die Bewohner im Siegerland: „Georgische Verdächtige haben wir hier selten“, sagt Polizeisprecher Baum.

Derweil rüstet die Polizei im Großraum Stuttgart gegen Wohnungseinbrecher auf. Am Donnerstag gab es eine Kontrollaktion an der Bundesstraße 29 zwischen Remshalden und Winterbach im Rems-Murr-Kreis. Da reisende Bandenmitglieder häufig auf überregionalen Straßen unterwegs sind, hofften die Polizisten auf verdächtige Funde in den Fahrzeugen – wie im Fall der Polizeistreife in der Stuttgarter Altstadt. Auch im Rems-Murr-Kreis sind die Zahlen von Wohnungseinbrüchen in diesem Jahr deutlich angestiegen.

Nach der Berichterstattung unserer Zeitung über Einbrecherbanden kündigte der Präsident des Polizeipräsidiums Ludwigsburg eine neue Offensive an: „Der Fahndungs- und Kontrollbereich wird nunmehr massiv aufgewertet“, erklärte Frank Rebholz. Dazu habe man zusätzliche Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei bekommen. Die Zahl der Wohnungseinbrüche habe um „mehr als ein Drittel zugenommen“, so Rebholz. Eine spezielle Ermittlungsgruppe hat reichlich zu tun: Im Kreis Ludwigsburg gab es bis Ende Oktober 382 Anzeigen, im Kreis Böblingen 303. Am vergangenen Wochenende waren die beiden Landkreise neben Stuttgart ein Brennpunkt. Und die dunkle Jahreszeit hat erst begonnen.