Der „doppelpunkt“ ist ein Eckgeschäft an der Kreuzung Schurwaldstraße/Hornbergstraße im Stadtteil Gaisburg. Der Einbrecher hat nachts die Eingangstür aufgebrochen und die Regale leer geräumt. Foto: Jürgen Brand

Auch in Stuttgart-Ost ist fast jede Woche mindestens ein Ladengeschäft Opfer eines Einbruchs. In der vergangenen Woche traf es ein Schreibwarengeschäft in Gaisburg, vorher eine Apotheke in der Landhausstraße und auch eine Bäckereifiliale am Stöckach. Bei den Mitarbeitern sitzt der Schreck tief.

S-Ost - Die Einbruchsspuren sind deutlich zu sehen. Rund um das Schloss ist die Eingangstür zu dem Geschäft an der Ecke Schurwald-/Hornbergstraße in Gaisburg verbogen und verkratzt. Drinnen läuft der Betrieb auf den ersten Blick ganz normal. Kunden kaufen Zeitschriften, geben Lottozettel ab, holen Brötchen. Die Gespräche zwischen der Ladenbesitzerin Michaela Schmidt und ihren Kunden drehen sich aber meistens um ein Thema: den Einbruch in der vergangenen Woche in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag. Und fast jeder weiß eine Geschichte dazu, von sich häufenden Einbrüchen in seinem jeweiligen Umfeld.

Der „Doppelpunkt“ in Gaisburg ist einer dieser Läden, von denen es in Stuttgart viele gibt, von denen aber jeder auf seine Art einzigartig ist. Er ist Lotto-Annahmestelle, Paketshop, Zeitschriftenladen und Zigarettenkiosk in einem, bietet eine kleine Auswahl an Taschenbüchern an, Kaffee zum Mitnehmen gibt es, seit Kurzem auch Backwaren der Bäckerei Voß. Bei Glatteisregen im Winter gibt es dort Streusalz, im Sommer ist die Eistruhe gefüllt. Für viele Schüler der Grundschule Gaisburg und ihre Eltern ist das Geschäft die Anlaufstelle Nummer eins, wenn es um Kinderzeitschriften, Sammelkarten oder Schulhefte und Stifte geht. Am Anfang des Schuljahres können gestresste Eltern dort die Bestelllisten ihrer Erst- bis Viertklässler abgeben. Und wer die Schulbücher nicht selbst einbinden will, kann das dort erledigen lassen. Man kennt sich also.

Zwei Einbruchversuche in sechs Jahren

Vor sechs Jahren hat Michaela Schmidt das Geschäft übernommen. In dieser Zeit wurde zwei Mal versucht, in den Laden einzubrechen, beide Male vergeblich. Als ihre Mitarbeiterin am vergangenen Donnerstagmorgen um fünf das Geschäft durch den Hintereingang betrat, wunderte sie sich erst einmal. Auf dem Boden lagen einige Zigarettenpackungen, Schubladen standen offen – und dann der Schreck: Das große Zigarettenregal war leergeräumt, die Eingangstür offen. Sie rief die Polizei, verständigte ihre Chefin. „Für sie ist es jetzt morgens ein komisches Gefühl hier rein zu gehen“, sagt Michaela Schmidt. „Sie guckt erst einmal, ob die Eingangstür noch in Ordnung ist.“ Sie selbst habe den ersten Schreck an dem Tag eigentlich gut verkraftet gehabt, erzählt die Geschäftsinhaberin. Der Zusammenbruch kam dann aber am Nachmittag, als sie wieder Zuhause war. „Ich habe dann erst einmal eine Stunde auf dem Sofa gesessen und geheult.“

Der entstandene Schaden ist beträchtlich. Allein etwa 8000 Euro Warenwert, außerdem fehlt ein Laptop und eine Kassenbox mit Wechselgeld. Dazu kommt ein Tag Verdienstausfall, eine neue Eingangstür muss auch noch bezahlt werden. Viel schlimmer sind aber die anderen Auswirkungen. „Das ist mein Wohnzimmer hier“, sagt Schmidt, „hier verbringe ich ziemlich viel Zeit. Und jetzt stellen Sie sich vor, jemand räumt die Regale in Ihrem Wohnzimmer leer.“ Dazu kommt Misstrauen. „Wenn bekannte Gesichter zum Einkaufen kommen, ist alles ganz normal. Aber wenn Fremde hier rein kommen, schaut man jetzt schon genauer hin.“

Der Bäcker reagiert mit Galgenhumor

Dazu kommen die vielen Geschichten ihrer Kundinnen. Eine erzählt von einem Einbruch in einen Kindergarten im Stadtbezirk, bei dem die Trinkgeldkasse der Erzieherinnen gestohlen wurde – und die Täter auch noch eine Mahlzeit in der Kindergartenküche zu sich nahmen. Eine andere war wenige Tage zuvor selbst Betroffene. Sie arbeitet in der Einhorn-Apotheke in der Landhausstraße, ganz in der Nähe. Dort bogen die Täter vermutlich mit einem Wagenheber die Gitter vor einem rückwärtigen Fenster auf und stahlen Arzneimittel. „Ärgerlich war, dass Patientenabholungen gefehlt haben“, sagt die Apothekerin Kirsten Vogel. Sie musste mit ihren Mitarbeiterinnen eine komplette Inventur machen. Und bei ihren Mitarbeiterinnen sitzt der Schreck so tief, dass sie ihre Mittagspause nicht wie bisher im Nebenraum, sondern woanders verbringen.

Ein anderer Betroffener, der Bäcker Hafendörfer am Stöckach, hat mit Galgenhumor auf einen Einbruch reagiert. An der Eingangstür hängt jetzt ein Zettel: „Lieber Einbrecher, vielen Dank für Ihren guten Geschmack!! Wir fühlen uns geehrt, dass Sie immer wieder nachts von unseren Backwaren träumen.“ Es folgen die Öffnungszeiten und der Hinweis: „Außerhalb dieser Zeiten befinden sich keine Backwaren und Torten in unserer Filiale!“