Thyssen-Krupp und Tata Steel wollen ihr Stahlgeschäft in Europa fusionieren. Foto: dpa

Thyssen-Krupp und Tata Steel bündeln ihre europäischen Stahlaktivitäten in einem Gemeinschaftsunternehmen. Damit entsteht der zweitgrößte Anbieter in Europa. Die eigentlichen Probleme am Stahlmarkt werden aber nicht gelöst.

Stuttgart - Die Baukonjunktur boomt, das Geschäft der Autoindustrie brummt – all das sind gute Nachrichten für Stahlkonzerne, denn sowohl in Autos als auch in Gebäuden steckt viel Stahl. Die günstige Entwicklung lässt sich so auch in den jüngsten Zahlen von Thyssen-Krupp ablesen, die sich deutlich verbessert haben.

Doch die gute Geschäftslage verschleiert die viel gravierenderen Probleme nur – und dabei handelt es sich vor allem um die weltweiten Überkapazitäten. Es sind gigantische Zahlen. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) hat ausgerechnet, dass Jahr für Jahr 2,4 Milliarden Tonnen Rohstahl weltweit hergestellt, aber nur 1,7 Milliarden Tonnen gebraucht werden. Vor allem China, aber auch Russland überschütten Europa geradezu mit billigem Stahl. Und wenn künftig Autos leichter – Stichwort: Elektrifizierung – werden sollten, könnte die Stahlnachfrage noch sinken.

Viele Lippenbekenntnisse

Auch wenn es viele Lippenbekenntnisse gibt – sogar von den Chinesen –, getan hat sich bisher wenig. Nicht mal in Europa scheinen einzelne Länder bereit, unwirtschaftliche Stahlwerke stillzulegen. Und die Volksrepublik befürchtet wohl politische Unruhen, wenn Stahlwerke geschlossen und damit Arbeitsplätze vernichtet werden. Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist bei einem Konjunktureinbruch die nächste Stahlkrise absehbar.

Tragen Thyssen-Krupp und Tata Steel mit ihren Joint-Venture-Plänen zur Problemlösung bei? Stand jetzt wohl nicht. Zwar soll es zu einem Jobabbau kommen, aber nicht in der Stahlproduktion. Gleichwohl könnte es den Konzernen helfen, ihre Wettbewerbsposition zu verbessern – denn Größe schafft Marktmacht, und damit kann man in Verhandlungen etwa mit den Autoriesen punkten. Thyssen-Krupp kann sich aufhübschen, denn ein Teil der Schulden, die nicht zuletzt durch den Ausflug in den brasilianischen Stahlmarkt angehäuft wurden, gehen auf das Joint Venture über – und tauchen nicht mehr in der Bilanz der Essener auf. Nun muss noch die magere Rendite steigen. Das will Thyssen nicht nur bei Stahl schaffen, sondern konzernweit. Da kommt auch das Sparpaket für die Aufzugsparte in Neuhausen/Fildern ins Spiel.