Bürger beschweren sich über eine Fällaktion im Naturschutzgebiet Eichenhain. Das Regierungspräsidium wiederum verteidigt diese Maßnahme. Foto: Tilman Baur

Weil im Riedenberger Eichenhain etliche Bäume gefällt worden sind, sind Anwohner und Spaziergänger alarmiert. Sie sorgen sich um das Naturschutzgebiet. Die Behörde beschwichtigt indes, der Grund seien Pflegemaßnahmen.

Riedenberg - Günter Schönfeld kommt regelmäßig in den Eichenhain. Der Sillenbucher genießt die Luft und die Ruhe im seit 1958 als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Teil des Stadtbezirks. Doch diese Ruhe wurde aus seiner Sicht am vergangenen Freitag empfindlich gestört. Denn das Regierungspräsidium hatte ein Unternehmen damit beauftragt, Pflegearbeiten durchzuführen, die dann am Freitag, Samstag und Montag passierten. 80 Bäume wurden gefällt. Diese, so das Regierungspräsidium, hätten zu viel Schatten geworfen und so die Artenvielfalt auf der Magerwiese am Südhang des Eichenhains gefährdet.

Dem Bürger Günter Schönfeld fehlt das Verständnis für die Aktion. „Die Bäume sind doch alle gesund“, sagt er und deutet auf den Stapel frisch gefällter Bäume am Hauptweg im Eichenhain. Schwere Erntegeräte seien auf die Wiese gefahren, hätten alles in einer „Nacht- und Nebelaktion“ erledigt, wie er sagt. Zumal Schönfeld die Verhältnismäßigkeit der Aktion bezweifelt: „Was ist mit den Tieren, die in und um die gefällten Bäume leben?“, fragt er. Die Aktion selbst stößt Schönfeld übel auf, schlimmer jedoch findet er, dass es keine Ankündigung gegeben habe.

Mit Rigorosität gewürdigt

Auch die Riedenberger Anwohnerin Nadja Springer ist schockiert. Sie kann nicht verstehen, warum die Behörden ausgerechnet in einem Naturschutzgebiet so vorgehen. Ohne Erklärung und in brutaler Weise sei man gegen Pflanzen und Tiere vorgegangen, beklagt Springer. Stehen tatsächlich ökologische Gründe im Vordergrund, fragt sich Springer, oder gibt es vielleicht andere Motive? Es werde mit einer Rigorosität gewütet, die der Pflege innerhalb eines Naturschutzgebietes nicht angemessen sei, findet Springer.

Das Regierungspräsidium verteidigt die Maßnahmen: Man habe die 80 jungen Bäume über die gesamte Fläche verteilt gefällt, eine großflächige Rodung damit bewusst vermieden, teilt Regina Schultze, Pressereferentin des Regierungspräsidiums, auf Anfrage unserer Redaktion mit.

Den Vorwurf mangelnder Kommunikation weist Schultze von sich. Sie verweist auf regelmäßige naturschutzfachliche Exkursionen im Eichenhain. Insbesondere bei den vergangenen beiden Führungen sei auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, die sogenannte Verbuschung im Riedenberger Eichenhain zurückzudrängen.

Die Anwohnerin ist nicht überzeugt

Die Anwohnerin Nadja Springer überzeugen diese Erklärungen nicht. „Weder ich noch die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, haben etwas von diesen Exkursionen gehört – das ist schon seltsam, finde ich“, sagt sie. Und auch Günter Schönfeld bleibt bei seiner Kritik: „Das sind Grüppchen von fünf bis zehn Personen bei diesen Führungen – der Stadtbezirk hat 24 000 Einwohner“, sagt er.

Die Verhältnismäßigkeit im Vorgehen sieht Regina Schultze vom Regierungspräsidium Stuttgart durchaus gewährleistet. Zwar sei ein Zweck des Eichenhains die Erhaltung seiner markanten Einzelbäume, sagt sie. Doch auch der Magerrasen müsse geschützt werden. „Werden keine Pflegearbeiten durchgeführt, würde der Eichenhain entgegen dem Schutzzweck zu einem dichten Wald zuwachsen mit der Folge, dass viele seltene Arten aussterben“, so Schultze. Deshalb sei es kein Widerspruch, im Eichenhain einige Eichen und andere Bäume, die den Magerrasen zunehmend beschatten, sorgsam zu entfernen.

Günter Schönfeld winkt ab. „Die eingesetzten Maschinen wiegen nicht weniger als ein Panzer“, sagt der Anwohner, „die Erde wird dadurch verdichtet und aufgerissen“. Selbst wenn die Motive richtig seien, spreche das rabiate Vorgehen dafür, dass es an der nötigen Sensibilität im Umgang mit der Natur mangele.