Dino Loth ist seit neun Jahren in den Sommerferien Waldheim-Betreuer Foto: Leif Piechowski

Ehrenamtliche Betreuer sorgen dafür, dass die Kinder in den Ferieneinrichtungen gut aufgehoben sind. Einer von ihnen ist Dino Loth, der seit neun Jahren seine Sommerferien im Degerlocher Waldheim verbringt. Statt sich auf Ibiza zu erholen, bastelt der 26-Jährige lieber mit Bast und Bügelperlen.

Ehrenamtliche Betreuer sorgen dafür, dass die Kinder in den Ferieneinrichtungen gut aufgehoben sind. Einer von ihnen ist Dino Loth, der seit neun Jahren seine Sommerferien im Degerlocher Waldheim verbringt. Statt sich auf Ibiza zu erholen, bastelt der 26-Jährige lieber mit Bast und Bügelperlen.

Stuttgart - Herr Loth, ist ein Regentag wie heute nicht das Schlimmste, was einem Betreuer im Waldheim passieren kann?
Nein, das ist kein Problem. Im Gegenteil, es macht den Kindern Spaß, sich mal richtig schmutzig machen zu dürfen. Wenn sie Wechselklamotten dabeihaben, spielen wir „Faules Ei“ auf dem nassen Rasen. Und morgen können wir dann einen Staudamm am Bach im Wald bauen, wenn der wieder mehr Wasser mit sich führt.
Würden Sie nicht lieber in den sonnigen Süden verreisen, statt bei Regen im Waldheim die Bast-Armbänder der Kinder zu entwirren?
Das kann ich in den Pfingst- oder Herbstferien machen. Für mich ist das hier Urlaub. Ich habe mich einfach in das Waldheim verliebt. Wenn ich den schönen Ausblick sehe, bin ich tiefenentspannt. Man ist hier wie in einer eigenen Welt. Es ist auch süß, wenn die Kinder mit ihren Problemen zu mir laufen und ich ihnen helfen kann. Außerdem lernt man Freunde fürs Leben kennen.
Gibt es noch Betreuer, die mit Ihnen angefangen haben?
Ja, einer ist sogar älter als ich. Ich habe hier eine Clique, die sich jedes Jahr wieder anmeldet. Sonst treffen wir uns meist gar nicht, aber wenn das Waldheim beginnt, freuen wir uns umso mehr, uns wiederzusehen. Dieses Jahr gibt es allerdings auch viele ganz junge Betreuer, die noch keine 18 Jahre alt sind.
Kommt man sich da nicht alt vor?
Doch. Wenn die Jüngeren mir freche Antworten geben, denke ich mir: So war ich auch mal! Aber mir macht das nichts aus, ich werde mir auch im nächsten Jahr noch eine Freizeit im Waldheim gönnen.
Welche Tricks wenden Sie an, um von den Kindern respektiert zu werden?
In den ersten Tagen bin ich immer ein wenig strenger, danach kann man die Zügel lockerer lassen. Außerdem erkläre ich ihnen meine Situation, und das verstehen sie dann auch. Es ist schließlich nicht ganz einfach, vor einer Horde Kinder zu stehen und sich Gehör zu verschaffen. Wenn sie Verständnis für mich haben, ermahnen sie sich auch mal gegenseitig, ruhig zu sein.
Hand aufs Herz, richtig spannend wird es doch im Waldheim, wenn die Kinder gegen 18 Uhr nach Hause gegangen sind . . .
Ja, dann wird es spannend. Wir Betreuer treffen uns hier am Abend wieder. Das ist schön, weil man sich ja tagsüber um die Kinder kümmert und wenig Zeit hat, mal mit den anderen Betreuern zu reden und die neuen richtig kennenzulernen. Abends, bei einem Bier, kann man das dann nachholen.
Das heißt, ihr sitzt nur rum und trinkt ein Bier?
Nein, wir veranstalten immer irgendetwas. Zum Beispiel ein Beachvolleyballturnier oder den Wettbewerb „Wer tanzt am längsten?“. Da darf man die Tanzfläche nicht verlassen und nicht aufhören zu tanzen, sonst hat man verloren. Neulich hatten wir hier auch ein Open-Air-Kino, oder wir gehen zusammen bowlen. Der Höhepunkt ist natürlich immer das Abschlussfest, bei dem sich alle nach einem erst kurz vorher festgelegten Motto verkleiden.
Welche Rolle spielt am Abend der Alkohol?
Man trinkt an so einem Abend schon mal was, aber die Waldheimleitung hat uns von Anfang an beigebracht, dass wir zwar feiern dürfen, aber dann am nächsten Tag auch wieder fit sein müssen. Harter Alkohol ist deshalb absolut tabu. Außerdem müssen wir auch wieder aufräumen, bevor die Kinder kommen. Wir übertreiben es beim Feiern nicht, denn schließlich sind wir hier zu Gast, da benimmt man sich. Viel wichtiger als das Trinken ist, dass man viel Zeit mit den Leuten verbringt und sich intensiv kennenlernt.
Manche der Betreuer lernen sich sogar sehr intensiv kennen oder?
Ja. Dass sich im Waldheim Pärchen finden, gehört natürlich auch dazu. Viele Paare, die sich hier kennenlernen, bleiben sogar über eine lange Zeit zusammen – also ein bis zwei Jahre. Das liegt daran, dass man sich in der Waldheimzeit sehr gut kennenlernt.
Haben Sie selbst auch die Liebe im Waldheim gefunden?
Nein, ich bin Single und will im Moment auch keine feste Beziehung. Aber mit 17 oder 18 Jahren saß ich auch mal am Ende einer Freizeit heulend im Essenssaal, weil ich mich in ein Mädchen verliebt hatte und wusste, dass ich sie danach nicht wiedersehe. Solche kleinen Dramen gehören auch dazu. Außerdem schließt man natürlich die Kinder ins Herz.
Haben Sie auch nach neun Jahren Waldheim noch Abschiedsschmerz am Ende der Freizeit?
Inzwischen sehe ich das entspannter. Ich weiß ja, dass ich viele wiedersehe. Als ich das erste Mal Waldheim-Betreuer war, wurde ich zum Beispiel einer Gruppe mit Drittklässlern zugeteilt. Diese Jungs habe ich dann über die Jahre hinweg betreut, auch als Fußballtrainer in Stuttgart-Hoffeld. Inzwischen sind die kleinen Jungs von damals 18 Jahre alt und betreuen mit mir zusammen eine Waldheimgruppe.
Wenn Sie nicht gerade im Waldheim sind, arbeiten Sie in der Kernzeitbetreuung einer Grundschule. Kinder scheinen Ihnen am Herzen zu liegen.
Ja. Als die Viertklässler nun an die weiterführenden Schulen gewechselt haben, ging mir das schon nahe. Die sind mir sehr ans Herz gewachsen. Schließlich habe ich sie ein Schuljahr lang betreut.
Brauchen Sie nicht trotzdem mal eine Auszeit von all den Kindern?
Wenn das Waldheim vorbei ist, gönne ich mir auf jeden Fall einen Wellness-Tag mit Sauna und Schwimmbad. Aber mal ehrlich: Wenn mich abends nach einem normalen Arbeitstag jemand fragt, was ich so den ganzen Tag gemacht habe, kann ich zum Beispiel sagen: Ich habe heute Monopoly gespielt. Das ist doch super!