Aus Kirgisistan hat Jonathan Winkler die Bekanntschaft zu Cassandra Lammie mitgebracht. Foto: Ralf Recklies

Der heute 20-jährige Student Jonathan Winkler hat ein Jahr lang als freiwilliger Helfer in der ehemaligen Sowjetrepublik Kirgisistan gearbeitet. Er erzählt von seinen Erfahrungen und Eindrücken aus der Fremde.

S-Nord - „Ich würde es sofort wieder machen“, sagt Jonathan Winkler. Ein Jahr hat der 20-jährige Stuttgarter, der Politik- und Verwaltungswissenschaften in Konstanz studiert, für die Organisation Ümüt-Nadjeschda (Hoffnung) in Kirgisistan als freiwilliger Helfer gearbeitet und in dieser Zeit viel erlebt und gelernt. Dass er bei allen Herausforderungen, die der junge Mann fern der Heimat zu meistern hatte, auch viel Spaß gehabt hat, ist bei seinem Vortrag über das in der ehemaligen Sowjetrepublik Erlebte schnell deutlich geworden.

Winkler macht Lust auf Kirgisistan

In der Waldorfschule am Kräherwald, seiner ehemaligen Schule, hat Jonathan Winkler von seinen Erlebnissen berichtet. Was ihn besonders freut: Fast 60 Zuhörer waren zum Vortrag gekommen. „Nur etwa die Hälfte der Leute habe ich gekannt, die anderen waren wohl aus purem Interesse da“, resümiert der ehemalige Sprecher des Jugendrats Nord. Denn Jonathan Winkler hat gespürt: Er hat mit seinem Bericht über Land und Leute und seine Aktivitäten Lust darauf gemacht, selbst nach Kirgisistan zu reisen oder die 1989 von der Deutschen Karla Maria-Schälike und ihrem Mann gegründete Organisation Ümüt-Nadjeschda näher kennenzulernen. Diese kümmert sich um behinderte Kinder, die in Kirgisistan einst ein trauriges Dasein fristeten.

Das Projekt schafft Veränderungen

Durch den Einsatz Schälikes und ihrer Helfer, die das Projekt seit Jahren am Laufen halten, hat sich aber nicht nur für die Kinder bei Ümüt-Nadjeschda viel getan. Die Kontinuität der Arbeit in Bischkek, der Hauptstadt Kirgistans, hat auch zu Veränderungen in der dortigen Gesellschaft geführt, wie Jonathan Winkler berichtet. Menschen mit Behinderungen würde heute ganz anders begegnet als dies früher der Fall gewesen sein muss.

„Es war eine tolle Zeit“, blickt Jonathan-Winkler auf seinen Aufenthalt in Kirgisistan zurück. Täglich war er an den Arbeitstagen mindestens acht Stunden aktiv – in der von Ümüt-Nadjeschda betriebenen Schule, aber auch als Hausmeister. „Ich war unter den Freiwilligen der einzige Mann, und Tätigkeiten am Haus und im Garten werden in Kirgisistan traditionell von Männern erledigt“, berichtet er. Viel Spaß hat ihm aber vor allem die Arbeit mit den behinderten Kindern gemacht, wenngleich er zugibt, dass er vor seinem Einsatz „sehr großen Respekt davor“ gehabt habe. Zwar habe er durch seine Mitarbeit in der Stuttgarter Bahnhofsmission auch schon zuvor mit Menschen Kontakt gehabt, die eine Behinderung haben, „aber die war meist nur körperlich“. In Kirgisistan indes waren die betreuten Kinder meist auch schwer geistig behindert. Die Sorge, er könne nicht alles problemlos schaffen, löste sich aber schnell auf. „Die Kinder und Jugendlichen geben einem sehr viel“, erklärt Jonathan Winkler. So habe er gerade sprachlich viel durch die Kinder gelernt - „denn die sind völlig offen und haben keinerlei Scheu“, sagt er. In seinen Augen sind es vor allem die kleinen Erfolge, die man in der Arbeit mit den Kindern erreicht habe, die er rückblickend als Höhepunkte seiner Zeit dort sieht. „Und die Reisen durch die tollen Landschaften.“

Nächstes Jahr geht es zurück nach Kirgisistan

Schnell war auch Kontakt zu anderen Deutschen, die sich im Land aufhielten, aufgebaut. So auch zu der Stuttgarterin Cassandra Lammie, die wie Jonathan Winkler ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert hat, und bei seinem Vortrag dabei war. „Es gab während des Aufenthaltes Höhen und Tiefen, insgesamt hat mir aber alles – vor allem auch das Reisen in der freien Zeit – sehr gut gefallen“, sagt Jonathan Winkler. Er will auch in Zukunft einen engen Kontakt „zu meinen Freunden und den Kindern, mit denen ich gearbeitet habe“, pflegen. Schon fürs kommende Jahr plant er, wieder hinzufahren.

Eine Zeit, die er nicht missen möchte

Bereits vorher wird die Organisation Ümüt-Nadejeschda aber Geld von Jonathan Winkler erhalten. Bei seinem Vortrag hat er nicht nur um Spenden gebeten, er hat auch einige Reisemitbringsel gegen einen freiwilligen Betrag verkauft. „Nur den Reiseführer, denn bitte da lassen“, hatte Jonathan Winkler die Zuhörer in seinem Vortrag gebeten. Das Buch wird dem 20-Jährigen nicht nur während seiner nächsten Reise dienlich sein, sondern steckt mit einigen Notizen auch voller Erinnerungen an eine gute und spannende Zeit, „die ich nicht missen möchte“, so das Fazit des jungen Mannes, der aber auch unumwunden zugibt: „Ein ganzes Leben lang wollte ich einen Beruf in der Pflege nicht machen.“ Er habe seither noch mehr Anerkennung für Menschen, die in diesem Tätigkeitsbereich aktiv sind.