Die Ehe für alle wird in den Kirchen im Südwesten derzeit diskutiert. Foto: dpa

Im Eilverfahren beschließt der Bundestag die Ehe für alle. Verändert das auch die Position der Kirche? Bei der Frage der Segnung ringt die württembergische Landeskirche um einen Kompromiss - im Schnelldurchgang wird das nicht gelingen.

Stuttgart - Nach der Öffnung der Ehe für Homosexuelle durch den Bundestag erwartet der evangelische Landesbischof Frank Otfried July keine rasche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. „Die Konsenssuche wird nicht einfach“, sagte er. Ein „Hauruckverfahren“ sei nicht gut. Die evangelische Landeskirche von Württemberg debattiert derzeit kontrovers, ob Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare möglich sein sollen. Über die Haltung soll im Herbst das Kirchenparlament entscheiden. Dort haben konservative Strömungen die Mehrheit.

Die meisten anderen evangelischen Landeskirchen - darunter die badische Landeskirche - ermöglichen bereits einen öffentlichen Segnungsgottesdienst für gleichgeschlechtliche Paare. Der als gemäßigt-konservativ geltende württembergische Bischof selber hält sich mit einer klaren Positionierung und Vorschlägen weiter zurück.

Möglichst großer Konsens

„Es sollte in dieser Frage, die doch für viele Menschen sehr bewegend ist, ein möglichst großer Konsens erreicht werden“, meinte Bischof July. Er habe den Eindruck, dass innerhalb der Landeskirche ein Kompromiss zustande kommen könne. „Das wird nicht allen gefallen. Die Meinungen stoßen doch hart aufeinander.“

Der Bundestag hatte am vergangenen Freitag mit einer breiten Mehrheit die völlige rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen beschlossen, einschließlich des uneingeschränkten Adoptionsrechts. Direkte Folgen für den Klärungsprozess innerhalb seiner Landeskirche sieht July nicht. Er bekomme ungeachtet des politischen Beschlusses viele Briefe von Menschen, die sich mit einer Möglichkeit der Segnung beschäftigten, berichtete er.

„Wir müssen vermeiden, dass sich gleichgeschlechtliche Menschen von der Kirche ausgeschlossen fühlen“, sagte er. Dennoch hält der Bischof auch Kirchenaustritte für eine mögliche Konsequenz, wenn es etwa zu einer Öffnung der Kirche in der Frage der Segnung komme. „Es wird immer Menschen geben, die sagen, das kann ich nicht mehr mittragen.“ Aber es wäre schmerzvoll, wenn Menschen deshalb die Kirche verließen, sagte July.

Zweidrittel-Mehrheit im Gremium notwendig

Für eine Entscheidung im württembergischen Kirchenparlament etwa für einen Segnungs- oder Traugottesdienst für gleichgeschlechtliche Paare ist eine Zweidrittel-Mehrheit in dem Gremium notwendig. Die kirchliche Trauordnung sieht bisher die Ehe für Mann und Frau vor.

Die katholische Kirche dagegen bleibt bei ihrer Ablehnung: Die Diözese Rottenburg-Stuttgart etwa verweist darauf, dass sich die Haltung zur kirchlichen Ehe ungeachtet der politischen Diskussion nicht verändere. Die sakramental geschlossene Ehe sei Mann und Frau mit der Offenheit für Kinder, die aus der Verbindung hervorgehen, vorbehalten, erläuterte ein Sprecher kürzlich. Eine Ehe zwischen Homosexuellen sei theologisch nicht möglich. Dies bedeute aber nicht, dass man Menschen mit dieser sexuellen Orientierung und Kindern, die in diese Beziehung hineingenommen werden, nicht die gleiche Wertschätzung entgegenbringe wie Heterosexuellen.