Die Helfer in den Ebola-Gebieten tragen spezielle Schutzkleidung Foto: dpa

In Westafrika kämpfen die Menschen mit den Folgen von Ebola. Eine Helferin vom Technischen Hilfswerk erzählt von ihrem Einsatz.

Stuttgart - Der 10. Mai ist ein Datum, das in dem westafrikanischen Land Liberia historisch werden könnte. Denn wenn hierzulande Kinder ihre Mütter mit Blümchen und Gedichten zum Muttertag überraschen, wird in Liberia der Sieg über das todbringende Ebola-Virus gefeiert.

An diesem Sonntag gilt Liberia knapp eineinhalb Jahre nach dem Ausbruch der Epidemie offiziell als Ebola-frei. Doch in den Nachbarländern Guinea und Sierra Leone erkranken weiterhin Menschen. „Es ist immer noch ein Pulverfass“, sagt Iris Freese vom Landesverband Baden-Württemberg des Technischen Hilfswerks (THW).

Fünf Wochen in der Hauptstadt Freetown

Mitte April ist die 27-jährige Stuttgarterin von ihrem Einsatz in Sierra Leona zurück gekommen. Fünf Wochen lang war sie in der Hauptstadt Freetown für die Abrechnungen und Beschaffung von Hilfslieferungen des THW zuständig. Die Zivil- und Katastrophenschutz-Organisation der Bundesrepublik beteiligt sich seit Oktober an der internationalen Hilfe in Westafrika – um die Wartung von Fahrzeugen der Helfer, den Aufbau von Behandlungszentren oder die Lieferung und Instandhaltung von Generatoren und Wasserpumpen sowie die Strom- und Wasserversorgung zu sichern.

Es sei eine gewisse Ordnung eingekehrt, ja fast schon eine Routine, in dem Land, das mit am Schlimmsten von der Ebola-Seuche betroffen ist, erzählt Iris Freese. Seit dem Ausbruch im Dezember 2013 wurden bislang rund 12 000 Ebola-Fälle registriert, mehr als 3800 Menschen starben schon.

Die junge Frau, die seit 15 Jahren dem THW Stuttgart angehört, hat eine Zusatzausbildung für Auslandseinsätze. Sie war daher schon in einigen Krisengebieten – unter anderem in Tunesien, wo das THW derzeit beim Aufbau einer Zivilschutzgruppe hilft. „Doch als der Aufruf für Westafrika kam, habe ich lange gezögert“, sagt sie. Zu unkalkulierbar erschien ihr das Risiko, sich dem tödlichen Virus auszusetzen.

Erst als sie sich über das THW eingehend über Ebola informiert hatte, hob sie die Hand. „Vor Ort war ich dann überrascht, wie schnell die Leute gelernt haben, mit dem Virus zu leben“, sagt Freese. „Und wie es mir gelang, es ihnen nachzutun.“

Zum Gruß hebt man in Westafrika nur die Hand

Wer sich auf der Straße trifft, hebt zum Gruß nur die Hand. Körperkontakte sind tabu. Und noch immer stehen an Supermärkten und in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Ämtern Schilder, auf denen Besucher aufgefordert werden, sich doch bitte die Hände zu waschen. „Tut man das nicht“, sagt Iris Freese, „wird man von einem herbeieilenden Wachmann daran erinnert.“

Die Vorsicht ist berechtigt – bis heute. Zwar ist es schon ein paar Wochen her, seit der bislang letzte Ebola-Neuinfizierte in Sierra Leone gemeldet wurde. Allerdings gilt die Epidemie offiziell erst dann als überstanden, wenn 42 Tage lang keine Neuinfektionen mehr registriert wurden. Und selbst dann darf der internationale Hilfseinsatz noch nicht zu Ende sein, sagt Iris Freese: „Die Leute brauchen Unterstützung.“

Obwohl Ebola am Abklingen ist, bekommen die Überlebenden nun die Folgen der Epidemie zu spüren. Diese sind nicht weniger lebensbedrohlich: So wurde in Staaten wie Sierra Leone schon seit Jahren massiv am Gesundheitssystem gespart. Daher habe sich die Ebola-Epidemie so verheerend ausgewirkt. „Es sterben viele Kinder, Schwangere und Mütter zum Teil an leicht behandelbaren Krankheiten oder weil die Versorgung rund um die Geburt miserabel ist“, sagte erst vor kurzem Marwin Meier, Gesundheitsexperte beim Hilfswerk World Vision.

Hinzu kommen die wirtschaftlichen Probleme. Viele Menschen sind arbeitslos geworden, Taxifahrer etwa, Gastronomen, Kellner. „Die Leute bleiben abends zu Hause. Teils aus Geldmangel, teils aus Angst vor Ansteckung“, sagt Freese. Auch werden inzwischen die Nahrungsmittel knapp, weil in den Hochzeiten der Epidemie die Felder nicht bewirtschaftet wurden.

Wie lange das THW in Westafrika den Hilfseinsatz noch unterstützen wird, ist offen. Erst Ende April war THW-Vizepräsident Gerd Friedsam in Ghana und Sierra Leone, um sich einen Überblick zu verschaffen. Vom Ende der Mission war da nicht die Rede. Doch schon rücken andere Katastrophen in den Fokus: Erst vor wenigen Tagen sind die ersten THW-Teams in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu eingetroffen, um den Erdbebenopfern zu helfen. Auch Iris Freese wird noch in dieser Woche die Koffer packen – für einen Einsatz in Tunesien. Ein anderes Land, eine andere Notlage. Sie wird die Krise in Westafrika weiter verfolgen. „Auch wenn es schwer fällt, angesichts der immer neuen Katastrophen, so darf man die Ebola-Gebiete nicht vergessen.“

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